Sachgrundlose Befristung

Was ist eine sachgrundlose Befristung?

Eine Befristung ist nicht nur durch einen Sachgrund möglich (§ 14 Abs. 1 TzBfG – Teilzeit- und Befristungsgesetz), sondern auch ohne einen Sachgrund.

Hier wird auch von kalendermäßige bzw. Zeitbefristung gesprochen.

Diese sachgrundlose Befristung ist in § 14 TzBfG geregelt:

§ 14 Abs. 2 TzBfG

  1. Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages
  2. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden
  3. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt
  4. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Weitere Regelungen finden sich in den folgenden Absätzen des § 14 TzBfG.

Zum Beispiel ist in den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens die Zeitbefristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig.

Hat vorher ein kürzer befristetes Arbeitsverhältnis bestanden, darf es in diesen vier Jahren mehrfach verlängert werden.

Weiterhin ist eine sachgrundlose Befristung auch für die Dauer von bis zu fünf Jahren zulässig. Dies, wenn der Arbeitnehmer das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate lang beschäftigungslos im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen ist. Auch hier ist die mehrfache Verlängerung innerhalb dieser fünf Jahre möglich.

Sollte ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden, endet das Arbeitsverhältnis erst bei Ablauf dieser Zeit (wenn keine Verlängerung erfolgt).
Im Arbeitsvertrag kann jedoch eine Regelung enthalten sein, dass dieser vor Ablauf des vereinbarten Endes ordentlich gekündigt werden kann.

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Ende durch Zeitablauf oder Kündigung?

Sollte ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden, endet das Arbeitsverhältnis erst bei Ablauf dieser Zeit (wenn keine Verlängerung erfolgt). Im Arbeitsvertrag kann jedoch ein Passus enthalten sein, dass dieser vor Ablauf des vereinbarten Endes ordentlich gekündigt werden kann.

Für den Arbeitnehmer bedeutet dies zum Beispiel, dass er sich auf die Dauer eines Arbeitsverhältnisses, welches er schriftlich befristet auf 2 Jahre abgeschlossen hat, nicht verlassen kann!

Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages sind generell Aufmerksamkeit oder eventuell auch anwaltliche Prüfung erforderlich.

Beispiel:

Der Arbeitnehmer X schließt einen schriftlichen Arbeitsvertrag (befristet auf 2 Jahre) mit dem Arbeitgeber Y ab. Einige Tage später beginnt er seine Arbeit. Nach einem Jahr erhält X von Y eine schriftliche (ordentliche) Kündigung. Dem X wird bei einem Gespräch mit Y mitgeteilt, aus welchen wirtschaftlichen Gründen die Kündigung erfolgen musste.

Der Arbeitnehmer X fühlt sich sicher und wendet gelassen ein, dass sein Vertrag ja noch ein Jahr lang läuft und erst am 11.11. des folgenden Jahres endet, da dies so vereinbart ist.
Was tut der Arbeitgeber Y? Er zeigt dem X den Punkt 4. des Arbeitsvertrages und liest ihm vor, dass das Arbeitsverhältnis jederzeit unter Einhaltung der gesetzllichen Kündigungsfrist beendet werden kann.

In einem solchen Fall ist es höchstwahrscheinlich, dass der Arbeitnehmer X sein Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten zwei Jahre verliert. Und dies genau aus dem Grund, weil er einen Vertrag mit einer solchen Kündigungsmöglichkeit unterzeichnet hat.

WICHTIG:
Bei Abschluss eines jeden Arbeitsvertrages – in diesem Fall speziell bei einem befristeten – ist dem Arbeitnehmer dringend zu raten, den Vertrag sehr aufmerksam zu lesen und bei Unsicherheit einer anwaltlichen Prüfung zu unterziehen.

Wie in dem geschilderten Fall zu sehen, bedurfte es hier nur einer sonst recht gängigen Formulierung „Kündigung möglich“, die jedoch enorme Folgen bei einem befristeten Arbeitsvertrag haben kann.

Die Chance, zwei Jahre lang ein bestimmtes Arbeitsverhältnis zu haben, ist also hier nicht abgesichert worden, obwohl es leicht möglich gewesen wäre!

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Kündigungsschutzklage auch bei unzulässiger Kündigung

Klagefrist bei unzulässiger Kündigung bei befristetem Arbeitsverhältnis

Es gibt bei sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen die Möglichkeit, im Vertrag eine Klausel zu haben, dass das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Befristung ordentlich kündbar ist.

Günstiger ist, dass der Arbeitnehmer einer solchen Regelung nicht zustimmt, sondern vereinbart, dass eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber eben nicht möglich ist. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis automatisch und erst am Tag X endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Eine Kündigung zum früheren Zeitpunkt wäre dann unzulässig.

Die Frage, die sich dann stellt ist, ob eine Kündigung, die wegen der festen Befristung nicht zulässig ist, trotzdem die beendende Wirkung hat?

Läuft das Arbeitsverhältnis ohne Einfluss der Kündigung weiter wie vereinbart?
Oder endet damit tatsächlich das Arbeitsverhältnis, obwohl die Kündigung unzulässig ist?

Kann der Arbeitnehmer dagegen etwas tun?

Das BAG hatte am 22.07.2010 einen solchen Fall zu entscheiden – 6 AZR 480/09

Fall: 
Der Kläger (Arbeitnehmer) war beim Beklagten (Arbeitgeber) zeitlich befristet beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vor. Der Beklagte kündigte jedoch den (ordentlich) unkündbaren Arbeitsvertrag zu einem früheren Zeitpunkt. Der Kläger bot seine Arbeitskraft an, erhob aber keine Kündigungsschutzklage. Außergerichtlich forderte der Kläger Annahmeverzugslohn, da er ja seine Arbeitskraft angeboten hatte. Dies verweigerte der Beklagte, weshalb es zur klageweisen Geltendmachung kam.

Das BAG hatte für die Frage des Anspruchs auf den Annahmeverzugslohn zu klären, ob das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit noch bestand oder trotz einer unzulässigen Kündigung nicht mehr. Davon ist der Anspruch abhängig gewesen.

Die Ansprüche des Klägers wurden zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat binnen der in § 4 KSchG festgesetzten Frist keine Kündigungsschutzklage nach Erhalt der Kündigung erhoben. Trotzdem die Kündigung laut Arbeitsvertrag unzulässig war, hätte der Kläger die Kündi-gungsschutzklage jedoch binnen der Frist erheben müssen.

Da er dies nicht tat, greift § 7 KSchG:

§ 7 Wirksamwerden der Kündigung

„Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.“

Damit hat das Arbeitsverhältnis auf Grund dieser Fiktionswirkung des § 7 KSchG früher und entsprechend der Kündigung geendet. Der Kläger hätte binnen der 3-Wochen-Frist die Kündigungsschutzklage erheben müssen, um dies zu verhindern. Der Anspruch auf den Annahmeverzugslohn bestand daher nicht.

Diese Fiktionswirkung des § 7 KSchG besteht auch in einem solchen Fall, wenn gegen das Kündigungsverbot verstoßen wurde. Nach dem Sinn und Zweck und der Entstehung des Gesetzes gilt die einheitliche Klagefrist von 3 Wochen für die Geltendmachung ALLER Unwirksamkeits- / Unzulässigkeitsgründe einer Kündigung.

Dies ist auch aus dem Wortlaut des § 4 KSchG erkennbar:

§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichtes

„Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben,……….“

Es geht nicht nur um die sozial ungerechtfertigte Kündigung, sondern auch die sich aus anderen Gründen ergebene Rechtsunwirksamkeit einer solchen.

Wichtig:
Auch befristet beschäftigte Arbeitnehmer müssen danach auf jeden Fall fristgerecht gegen (auch unzulässige) Kündigungen vor Ablauf der Befristung Klage erheben, um eventuelle Vergütungsansprüche zu behalten.

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Grundsätzliche Verlängerung der Dauer

Nach § 14 Abs. 2 TzBfG kann das zeitlich befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis insgesamt binnen dieser zwei Jahre dreimal verlängert werden.

(Eine Abweichung davon kann tarifvertraglich geregelt sein – Höchstdauer der Befristung sowie Anzahl der Verlängerungen können anders sein.)

Wichtig ist, dass die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses noch vor Ablauf des Befristungsendeserfolgt – und zwar schriftlich.

Es darf ebenso kein Tag (bzw. auch nur Wochenende) ohne Arbeitsverhältnis dazwischen liegen. Sollte dies doch der Fall sein, handelt es sich nicht mehr um eine Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses.
Mit auch nur einer geringfügigen Unterbrechung wird hier ein neuer Vertrag geschlossen und nicht der vorher bestehende befristete Vertrag verlängert.

Was ist die Folge? Wird hier ein neuer ebenso befristeter Vertrag geschlossen?

Geregelt ist dies in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG:

„Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

Da in o.g. Fall das befristete Arbeitsverhältnis durch eine Zeitunterbrechnung beendet wurde, konnte die versuchte „Verlängerung“ keine solche sein. Statt dessen wurde ein neues Arbeitsverhältnis abgeschlossen.

Eine Befristung war hier nicht möglich, wie die gesetzliche Regelung aussagt, da kurz vorher bereits ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

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Verlängerung (weitere Änderungen?)

Bei der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages darf lediglich die Dauer geändert werden.

Eine Änderung der Arbeitsbedingungen anlässlich dieser Verlängerung darf nicht erfolgen, wenn es bei einer zulässigen Befristung bleiben soll. Wenn dies dennoch erfolgt, wird damit ein neuer (befristeter) Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser Vertrag erfolgt ohne Sachgrund und ist daher wegen der „Zuvorbeschäftigung“ nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in dieser Form unzulässig. (BAG 23.08.2006 – 7 AZR 12/06)

Durch die unzulässige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ist dieser selbst jedoch nicht unwirksam (Schutz des Arbeitnehmers). Auch hier liegt wegen der „Zuvorbeschäftigung“ eines ohne Sachgrund bestandenen Arbeitsvertrages eine unzulässige Befristung vor. Das Arbeitsverhältnis wird in diesem Fall sogar unbefristet – es liegt ein Neuabschluss vor.

Ausschluss der Kündigung = Änderung des Vertrages?

Was passiert, wenn der zuvor sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag lediglich verlängert werden soll und dabei zum Vorteil des Arbeitnehmers die zuvor im Vertrag geregelte ordentliche Kündigung beidseitig ausgeschlossen wird?

Auch hier handelt es sich – trotz des entstehenden Vorteils für den Arbeitnehmer – um eine Änderung des Vertrages, so dass wegen Wegfalls der Kündigungsregelung ein Neuabschluss eines Vertrages stattgefunden hat. (BAG 20.02.2008 – 7 AZR 786/06)

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Zuvorbeschäftigung

Wie bereits erwähnt, ist es gesetzlich geregelt, dass eine Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein befristetes oder auch unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG)

Hierbei handelt es nicht um ein Arbeitsverhältnis im Sinne von

  • arbeitsplatzbezogen
  • betriebsbezogen

sondern rein auf den Arbeitgeber bezogen!

Gemeint sind hier natürliche, aber auch juristische Personen.

Die Rechtsprechung des BAG sah bis vor kurzem vor, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht möglich ist, wenn zuvor ein Arbeitsverhältnis (egal, ob befristet oder unbefristet bestanden hat). Rein zeitlich war das Bestehen des Arbeitsverhältnisses irrelevant.

Der entsprechende Arbeitnehmer erhielt aus diesem Grund keinen befristeten Arbeitsvertrag (wenn der Arbeitgeber nur einen solchen abschließen wollte).

Diese Art der Rechtsprechung wurde jahrelang kritisiert, da diese oft zu Ungunsten der Arbeitnehmer Arbeitsverhältnisse verhinderte.

Nunmehr hat sich das BAG entschieden, dass eine sachgrundlose Befristung trotz der früheren Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber möglich ist. Diese Entscheidung grenzt dabei ein, dass diese frühere „Zuvorbeschäftigung“ mehr als drei Jahre zurückliegt. (BAG 06.04.2011 7 AZR 716/09)

Eine „Zuvorbeschäftigung“ im Sinne der gesetzlichen Vorschrift liegt daher nicht vor, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt!

Bei der neuen Rechtsprechung handelt es sich um eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes z.B. zum Schutz/Vorteil der Arbeitnehmer, wobei es jedoch auch hier nicht nur der Fall ist.

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