Betriebsbedingte Kündigung

Was versteht man unter einer betriebsbedingten Kündigung?

Findet das KSchG Anwendung, braucht der Arbeitgeber für den Ausspruch einer Kündigung sachliche Rechtfertigungsgründe. Einer davon ist ein dringendes betriebliches Erfordernis.
Dies ist in § 1 KSchG wie folgt geregelt:

„Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.   

Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.“

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Was sind dringende betriebliche Erfordernisse, die eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen könnten?

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 456/98) können sich die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung aus

  • innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder
  • durch außerbetriebliche Gründe, z.B. Auftragsmangel, Umsatzrückgang oder Wegfall der Drittmittelfinanzierung (vgl. BAG, Urteil vom 24.09.1986 – 7 AZR 181/85)

ergeben.

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Im Kündigungsschutzprozess muss der Vortrag des Arbeitgebers erkennen lassen, ob das Bedürfnis an der Tätigkeit des Gekündigten wegfällt (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2002 – 2 AZR 256/01).

Inner- und außerbetriebliche Umstände begründen nur dann ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung, wenn sie sich auch konkret auf die Einsatzmöglichkeit des Gekündigten auswirken und das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Gekündigten entfallen ist. Dies kann z.B. auf der Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen des Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen.

Rein wirtschaftliche Gründe, wie z.B. ein Auftragsmangel, sind an sich gesehen allerdings kein ausreichender Grund für eine betriebsbedingte Kündigung.

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Welche Voraussetzungen müssen bei einer betriebsbedingten Kündigung vorliegen?

Nach der Rechtsprechung müssen für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung vor allem die
vier nachfolgend im Einzelnen beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sein:

  1.  Unternehmerische Entscheidung
  2.  Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses – keine anderweitigen
    Beschäftigungsmöglichkeiten
  3.  Interessenabwägung
  4.  ordnungsgemäße Sozialauswahl

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1. Unternehmerische Entscheidung

Der Arbeitgeber muss zunächst eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung treffen.
Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sog. unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können. Hier stehen Arbeitgebern gewisse Entscheidungsspielräume zur Verfügung. So steht es Arbeitgebern grundsätzlich frei, auch wirtschaftlich gut laufende Abteilungen oder Betriebe zu schließen, auch wenn sich die Sinnhaftigkeit dessen nicht erschließt.

Die Arbeitsgerichte können die unternehmerische Entscheidung nur eingeschränkt überprüfen, nämlich lediglich dahingehend, ob sie tatsächlich vorliegt und ob durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer*innen tatsächlich entfällt.

Eine solche Unternehmerentscheidung ist darüber hinaus hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich des Begriffs „Dauer“ zu verdeutlichen, damit das Gericht u. a. prüfen kann, ob sie – i. S. der Rechtsprechung zur betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG – nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 522/98und BAG, Urteil vom 17.06.2003 – 2 AZR 134/02).

Der Arbeitgeber muss dem Arbeitsgericht also die unternehmerische Entscheidung, die organisatorische Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit dieser Maßnahme mit den erforderlichen Daten und Zahlen im Detail nachvollziehbar darstellen. In der Praxis scheitern vielen Arbeitgeber bereits an der ordnungsgemäßen Darstellung der unternehmerischen Entscheidung.

Rückläufige Finanzkennzahlen (Umsatz, Gewinn) besagen noch nichts über die Veränderung der zu erledigenden Arbeitsmenge und können eine betriebsbedingte Kündigung daher nicht rechtfertigen.

Liegt die unternehmerische Entscheidung darin, Personal zu reduzieren, muss der Arbeitgeber darlegen, wie die verbleibenden Arbeiten von der restlichen Belegschaft ohne überobligatorische Mehrarbeit erledigt werden können (vgl. BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 456/98). Ein lapidarer Hinweis darauf, dass die verbleibenden Kolleg*innen nicht von überobligatorischer Mehrarbeit betroffen sein werden, sollte unbedingt hinterfragt werden. Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, sollte man diesen kontaktieren, um an entsprechende Informationen zu gelangen. Der Betriebsrat hat nämlich nicht nur eine Überwachungsfunktion, er hat im Zusammenhang mit Überstunden zudem eine zwingende Mitbestimmung (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) und dementsprechend auch wichtige Auskunftsansprüche.

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2. Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses – keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten

Des Weiteren muss ein „dringendes“ betriebliches Erfordernis vorliegen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung liegt nur dann vor, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der bei Ausspruch der Kündigung bestehenden betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2002 – 2 AZR 636/01).

Das Merkmal der “Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse konkretisiert den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (ultima ratio Prinzip), aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem*der Arbeitnehmer*in eine beiden Parteien objektiv mögliche und zumutbare Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. auch zu geänderten Bedingungen, anbieten muss. Im Falle der Ablehnung eines solchen Angebotes der Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor dem Ausspruch einer Beendigungskündigung, eine Änderungskündigung auszusprechen (sog. Vorrang der Änderungskündigung). Anderenfalls ist die ausgesprochene Kündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04). Nach dem BAG-Urteil vom 26.03.2015 – 2 AZR 417/14 darf der Ausspruch einer Änderungskündigung vor Ausspruch einer Beendigungskündigung nur in „Extremfällen“ unterbleiben.

Praxistipp: Sollten Sie eine vermeintlich betriebsbedingte Kündigung erhalten haben oder von einer solchen bedroht sein, schauen Sie zügig, ob es im Unternehmen freie Arbeitsplätze gibt, für die Sie sich ggf. eignen. Gibt es bei Ihnen einen Betriebsrat, so kann dieser Sie dabei unterstützen. Häufig lohnt sich auch ein Blick auf im Internet veröffentlichte Stellenausschreibungen.

Als freie Arbeitsplätze in Betracht kommen hierbei grundsätzlich solche Arbeitsplätze, die zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung frei sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden. In Betracht zu ziehen sind hierbei auch andere befristete vergleichbare Arbeitsplätze, und dies sogar dann, wenn deren vereinbartes Fristende nach dem Ende der Kündigungsfrist liegt. Der*die von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer*in ist bei der Entscheidung darüber, ob ein vor Ablauf der Kündigungsfrist auslaufendes anderes befristetes Arbeitsverhältnis auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz verlängert wird, vorrangig vor dem befristet Beschäftigten zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 26.03.2015 – 2 AZR 417/14, unter III.1 a) der Gründe).

Zur Frage, ab wann der Arbeitgeber, welche freien Arbeitsplätze vor Ausspruch einer Kündigung anzubieten hat, hat das BAG in der Entscheidung vom 26.03.2015 (Az: 2 AZR 417/14) ausgeführt, dass der Arbeitgeber auch solche Arbeitsplätze anzubieten hat, die bereits vor Kündigungsausspruch zu einem Zeitpunkt zu besetzen waren, in welchem für den Arbeitgeber der Wegfall des Arbeitsplatzes absehbar war.

Unter Ziff. 27 der Entscheidungsgründe heißt es hierzu:

„Die Einbeziehung in der Vergangenheit liegender Umstände ist dann geboten, wenn der Arbeitgeber durch zweckvolle Festlegung des Kündigungszeitpunkts anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten, die noch kurze Zeit vorher auf der Hand lagen, durch eigenes Handeln ausschließt und dadurch den Kündigungsgrund selbst herbeiführt (…). Es ist dem Arbeitgeber nach dem Rechtsgedanken des § BGB § 162 BGB verwehrt, sich auf den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten im Kündigungszeitpunkt zu berufen, wenn dieser Wegfall treuwidrig herbeigeführt wurde (…). Ein treuwidriges, weil rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn für den Arbeitgeber zum Zeitpunkt einer Stellenbesetzung das Auslaufen der Beschäftigungsmöglichkeiten für den später gekündigten Arbeitnehmer bereits absehbar war.“

Absehbar ist der kommende Wegfall des Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber danach immer dann, wenn er sich dazu entschlossen hat, den entsprechenden Arbeitsplatz abzubauen oder wenn dieser Wegfall des Arbeitsplatzes als Folge seiner unternehmerischen Entscheidung, die Betriebsstätte zu schließen, sehr wahrscheinlich ist. Das BAG hat mit Urteil vom 05.06.2008 (2 AZR 107/07) eine treuwidrige Beschäftigungsvereitelung durch den Arbeitgeber i.d. Sinne bei einer Kündigung bejaht, bei welcher für den Arbeitgeber bereits zwei Jahre zuvor, das „Auslaufen der Beschäftigungsmöglichkeit“ absehbar war und feststand.

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3. Interessenabwägung

Anders als bei einer verhaltensbedingten oder einer personenbedingten Kündigung hat die Abwägung des Arbeitgeberinteresses an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitnehmerinteresses an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei der betriebsbedingten Kündigung keinen hohen Stellenwert.

Wenn nämlich aufgrund betrieblicher Umstände, d.h. aufgrund einer nachvollziehbaren unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, der künftige Bedarf an der jeweiligen Arbeitsleistung weggefallen ist und wenn es auch keine Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz gibt, überwiegt nach ständiger Rechtsprechung des BAG grundsätzlich das Arbeitgeberinteresse, es sei denn, dass der*die Arbeitnehmer*in aufgrund schwerwiegender persönlicher Umstände besonders schutzbedürftig ist (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.1987 – 7 AZR 495/85).

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4. Sozialauswahl

Entscheidet sich der Arbeitgeber für den Ausspruch einer oder mehrerer Kündigungen, so hat er eine Sozialauswahl vorzunehmen. Eine Regelung dazu findet sich in § 1 Abs. 3 KSchG, dort heißt es:

„Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.“

Bei der Sozialauswahl sind mithin die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Auf Verlangen hat der Arbeitgeber dem*der Arbeitnehmer*in die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben (§ 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Hs. KSchG).

In die Sozialauswahl sind Arbeitnehmer*innen gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Die Rechtsprechung stellt allerdings vollkommen zu Recht hohe Anforderungen an die Herausnahme von Arbeitnehmer*innen, um ein „Rosinen-Picken“ zu vermeiden. Welche?

Zwischen den in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer*innen muss eine Vergleichbarkeit bestehen. Vergleichbar sind diejenigen Arbeitnehmer*innen, die aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten auf den verbleibenden Stellen eingesetzt werden können.

Beispiel: Entschließt sich ein Unternehmen, den Hausmeisterdienst auszugliedern („outzusourcen“), so sind lediglich die Hausmeister*innen („Facility-Manager*innen“) in die Sozialauswahl einzubeziehen.
Nicht in die Sozialauswahl fallen demnach Ärzt*innen oder Pflegekräfte.

Die Sozialauswahl ist mithin in der Regel auf eine Hierarchieebene beschränkt. Die Frage, ob Arbeitnehmer*innen miteinander vergleichbar sind, oder nicht, bereitet vielen Arbeitgebern Kopfzerbrechen. Auch bei der Anwendung großer Sorgfalt, können dabei schnell Fehler unterlaufen und somit die Kündigung insgesamt unwirksam machen.

Steht fest, welche Arbeitnehmer*innen zum Kreis der vergleichbaren Personen gehören, ist gemäß § 1 Abs. 3 KSchG eine Sozialauswahl anhand der Sozialdaten (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung) vorzunehmen. Im KSchG ist nicht geregelt, wie die jeweiligen Sozialdaten zu gewichten sind. Es ist lediglich geregelt, dass der Arbeitgeber die Sozialdaten „ausreichend zu gewichten“ hat. Diese unklare Regelung lässt einen gewissen Wertungsspielraum zu.

In der Praxis werden für eine Sozialauswahl sog. Punkteschemen verwendet. Das BAG hat in einer Entscheidung aus 2008 dazu bspw. eine Punktetabelle akzeptiert, die  folgende Auswahlrichtlinien zu Grunde gelegt hat:

„1. Lebensalter: für jedes vollendete Jahr nach dem 18. Lebensjahr 1, 0 Punkte je Lebensjahr
2. Dauer der Betriebszugehörigkeit: für jedes Beschäftigungsjahr 1, 5 Punkte
3. Unterhaltspflichten: Ehegatte/eingetragener Lebenspartner 5, 0 Punkte, je Kind
(nachweisbar) 7, 0 Punkte
4. Schwerbehinderte: 11, 0 Punkte, oder Gleichgestellte: 9, 0 Punkte“
(vgl. BAG, Urteil vom 6. 11. 2008 – 2 AZR 523/07)

Das BAG hat in dieser Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht, dass eine ordentliche Kündigung, die gegen Diskriminierungsverbote des AGG (§§ 1 – 10 AGG) verstößt, zur Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 1 KSchG führen kann. Die in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgesehene Berücksichtigung des Lebensalters als Sozialdatum stelle zwar eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung dar. Sie sei jedoch nach § 10 Satz 1, 2 AGG allerdings gerechtfertigt. Nach Auffassung des BAG kann auch die Bildung von Altersgruppen nach § 10 Satz 1, 2 AGG durch legitime Ziele gerechtfertigt sein. Davon soll regelmäßig dann auszugehen sein, wenn die Altersgruppenbildung bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt.

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Ist die Sozialauswahl auf den Betrieb beschränkt?

Nach Auffassung des BAG soll die Sozialauswahl nur auf den Betrieb beschränkt sein. Das BAG definiert den Betriebsbegriff als eine

„(…) organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (für die st. Rspr. BAG 2. März 2017 – 2 AZR 427/16 – Rn. 15; 23. November 2016 – 7 ABR 3/15 – Rn. 31).“
(vgl. BAG, Urteil vom 31.01.2018 – 10 AZR 279/16)

Aus der Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl folgt allerdings, dass sie nicht auf Betriebsteile oder Betriebsabteilungen beschränkt werden kann. Insbesondere steht der Notwendigkeit einer betriebsbezogenen Sozialauswahl nicht schon die räumliche Entfernung einzelner Filialen eines Einzelhandelsunternehmens in einem Bezirk entgegen. Auch ein Hauptbetrieb und eine räumlich weit entfernte Betriebsstätte i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb i. S. d. § 23 KSchGbilden. Eine mögliche betriebsverfassungsrechtliche Eigenständigkeit einzelner Betriebsteile steht einer betriebsteilübergreifenden Sozialauswahl nicht entgegen (vgl. BAG, Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 276/06).

Für die Beantwortung der Frage, ob es sich um einen „Betrieb“ i.S.d. KSchG handelt, kommt es maßgeblich darauf an, ob der*die Personalleiter*in für die wesentlichen Angelegenheiten im personellen Bereich, wie Einstellungen oder Versetzungen, und im sozialen Bereich die Arbeitgeberfunktion wahrnimmt und Entscheidungen allein oder im Wesentlichen frei von Vorgaben trifft.

Markt- oder Filialleiter*innen von Einzelhandelsfilialunternehmen bspw., die u.a. personelle Maßnahmen wie Einstellungen und Entlassungen nach im Einzelnen umschriebenen unternehmerischen Vorgaben und nach Beachtung von Konsultationspflichten mit der Personalabteilung für bestimmte Arbeitnehmergruppen ausführen können, verfügen nicht über eine ausreichende Leitungsmacht in personellen und sozialen Angelegenheiten, die die Annahme rechtfertigt, eine einzelne Filiale stelle einen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne dar (vgl. BAG, Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 276/06).

Das BAG hat es in der zuvor zitierten Entscheidung für die Annahme einer entsprechenden Leitungskompetenz nicht ausreichen lassen, dass ein Filialleiter über die Einstellungen des normalen Verkaufspersonals – im entschiedenen Fall machte der Anteil dieser Beschäftigten zirka 90 % der Belegschaft aus – allein entscheiden kann. Gegen die Annahme einer eigenständigen Entscheidungskompetenz in diesem Fall spräche insbesondere der Umstand, dass dem Markt- oder Filialleiter untergeordnete Führungskräfte wie der stellvertretende Marktleiter, Abteilungsleiter, Erstverkäufer, Kassenverantwortliche nicht von diesem selbst eingestellt werden, sondern von übergeordneten Personalverantwortlichen. Wörtlich führt das Gericht hierzu unter (27) 2.2. in seinen Entscheidungsgründen aus:

„Weiter hat das Landesarbeitsgericht zutreffend gewürdigt, dass nach dem Organisationshandbuch Markt (Register-Nr. C 4.1.11) der stellvertretende Marktleiter, der Substitut, die Gruppenleiter und sämtliche Ersten Kräfte nicht vom Marktleiter eingestellt werden können. Für eine relevante personelle Leitungsmacht in personellen Angelegenheiten wäre jedoch eine solche Einstellungsbefugnis erforderlich. Die Beschäftigtengruppen der Gruppenleiter und sämtlicher Ersten Kräfte sind für die Funktionsfähigkeit eines Marktes bedeutsame Beschäftigtengruppen, deren Einstellung der Marktleiter gerade nicht vornehmen kann.“

Das Gericht hat die Entscheidungsbefugnis bezüglich der Einstellung, Versetzung oder Kündigung dieser Führungskräfte damit also so erheblich angesehen, dass es in allen Fällen, in welchen Markt- oder Filialleiter diese Entscheidungskompetenzen nicht haben, die Annahme eines eigenständigen Betriebes ablehnt.

Die Anforderungen der Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Sozialauswahl sind ersichtlich hoch. In der Praxis wird der Betriebsbegriff häufig verkannt. Eine sorgfältige Überprüfung dessen ist mithin dringend anzuraten!

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