Verschwiegenheitsverpflichtung

Verschwiegenheitsverpflichtung / Geheimhaltung der Vergütungshöhe

In vielen Arbeitsverträgen gibt es Regelungen hinsichtlich der Verschwiegenheit, die der Arbeitnehmer einzuhalten habe, was die Höhe des Lohnes angeht. Das heißt, die Arbeitnehmer dürfen sich laut Verlangen des Arbeitgebers nicht mit ihren Kollegen über den Verdienst unterhalten. Begründet wird dies mit der Einhaltung des Betriebsfriedens und Arbeitsfriedens.

Über einen Fall hatte das LAG Mecklenburg-Vorpommern am 21.10.2009 – 2 Sa 237/09 – zu entscheiden, in dem es darum ging, ob eine Abmahnung auf Grund eines Verstoßes gegen o.g. Vorgabe zu entfernen ist und damit, ob die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit tatsächlich rechtswirksam ist und somit einzuhalten.

Fall:

Ein Arbeitnehmer erhielt auf Grund einer Unterhaltung (über die Höhe seiner Bezüge sowie Änderungen) mit einem Arbeitskollegen eine Abmahnung vom Arbeitgeber. Dies aus dem Grund, da dadurch gegen eine arbeitsvertragliche Regelung (Verschwiegenheitsverpflichtung) verstoßen worden sein soll.

Der Arbeitnehmer erhob Klage gegen die Wirksamkeit der Abmahnung und damit der arbeitsvertraglichen Klausel.

Der Arbeitgeber wandte ein, dass Gespräche zwischen den Kollegen über die Entlohnung sowohl den Betriebsfrieden als auch den Arbeitsfrieden negativ beeinflussen. Dies vor allem hinsichtlich des Themas selbst, die ja eine Tatsache und keine Meinung darstellt.

Das LAG hat dem Arbeitsgericht Schwerin Recht gegeben und die Berufung des Arbeitgebers abgewiesen.

„Eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Darüber hinaus verstößt sie gegen Art. 9 Abs. 3 GG.“

Eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers liegt daher nicht vor, da die Vertragsklausel unwirksam ist. Weiterhin ist sie eine unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinne von § 307 BGB.

Weiterhin ist der Arbeitgeber bei der Lohngestaltung dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet. (ständige Rspr. des BAG zuletzt 15.07.2009, 5 AZR 486/08) Die Einhaltung dieser Verpflichtung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer nicht prüfen bzw. feststellen. Der Arbeitgeber würde dies also allein durch ein vertragliches Verbot und damit den Austausch der Arbeitskollegen verhindern können und der Gleichbehandlungspflicht entgehen.

Hinzu kommt auch, dass der Arbeitgeber mit derartigen Verboten gegen die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG verstößt. Denn die Verschwiegenheitsverpflichtung wäre gegenüber jedermann gegeben, also auch der Gewerkschaft, wo der Arbeitnehmer Mitglied sein könnte. Lohnstrukturen und Erhöhungen usw. wären damit nicht möglich, da keinerlei Kenntnisse vorliegen und weitergegeben werden würden.

Zwar hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern die Revision zu gelassen wegen der grundsätzlichen Bedeutung derartiger vertraglicher Regelungen; diese ist aber nicht eingelegt worden.

Zuletzt bearbeitet: 08.08.2011 / Susanne Biste