Einigungsstelle

Auszug aus § 76 BetrVG – Einigungsstelle

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

Anträge in der Einigungsstelle

→ BAG Beschluss vom 22. November 2005 – 1 ABR 50/04

Das BAG rügte im vorliegenden Fall, dass der Spruch der Einigungsstelle die der Beschwerde zugrundeliegende Situation, die nach Meinung der Einigungsstelle berechtigterweise zu Abhilfemaßnahmen des Arbeitgebers führen muss, nicht ausreichend beschrieben wurde.

Das BAG formuliert als Leitsatz:

„Aus dem Spruch der Einigungsstelle, mit dem diese die Beschwerde eines Arbeitnehmers für berechtigt erklärt, muss hervorgehen, welche konkreten tatsächlichen Umstände die Einigungsstelle als zu vermeidende Beeinträchtigung des Arbeitnehmers angesehen hat. Anderenfalls kann der Arbeitgeber nicht erkennen, welchen Zustand er zu beseitigen oder künftig zu vermeiden hat. Ein in diesem Sinne nicht hinreichend bestimmter Spruch ist unwirksam.“

Das Bundesarbeitsgericht hebt den Spruch der Einigungsstelle auf. Der Betriebsrat verliert das Verfahren, der Arbeitgeber gewinnt es. Der Grund hierfür liegt jedoch lediglich in einem Formfehler des Einigungsstellenvorsitzenden, der den Spruch nicht klar formulierte.

Das BAG führt hierzu aus:

 „Zum Verständnis des Spruchs vom 12. 9. 2003 kann allenfalls das Beschwerdeschreiben vom 1. 10. 2002 herangezogen werden, auf das er Bezug nimmt. Auch aus diesem geht jedoch nicht hinreichend klar hervor, welchen konkreten Zustand die Beschwerdeführer für unzuträglich halten und in Zukunft vermieden wissen möchten.

Zwar kritisieren sie die Nichtbesetzung eines Schalterplatzes für die Dauer von knapp sieben Wochen. Für die Zulässigkeit ihrer Beschwerden i.S. der §§ 84 I, 85 I BetrVG ist dies ausreichend.

Ihr Schreiben lässt aber nicht erkennen, wogegen genau sie sich mit Blick auf die Zukunft wehren. Es kann nicht angenommen werden, dass es ihnen nur um die Vermeidung einer gleich langen Fehlbesetzung geht. Dann aber ist ungewiss, gegen welche Zeiten einer Fehlbesetzung sie sich wehren, ob sie jedwede noch so kurze Unterbesetzung der Schalterplätze in der Filiale als Benachteiligung ansehen oder ob lediglich die gleichzeitige Abwesenheit zweier Filialmitarbeiter vermieden werden soll.“

Ein BR sollte daher auch in der Einigungsstelle auf klare Anträge achten, wobei er selbstverständlich es für erforderlich halten darf einen Rechtsanwalt einzuschalten bzw. als Beisitzer einer Einigungsstelle zu benennen.

Parteiöffentlichkeit in der Einigungsstelle

Die Sitzungen der Einigungsstelle sind grundsätzlich parteiöffentlich. Dies bedeutet, dass der Betriebsrat in der Einigungsstelle zwingend gehört werden muss. Dies gilt insbesondere, wenn der Betriebsrat nur externe Beisitzer in die Einigungsstelle entsendet. Dann muss das Gremium durch die Einigungsstelle nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gehört werden. Lediglich bei der abschließenden mündlichen Beratung und Beschlussfassung soll nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts das Prinzip der Nichtöffentlichkeit gelten, um die Unabhängigkeit der Beisitzer der Einigungsstelle zu wahren. Ein Verstoß gegen diesen Verfahrensgrundsatz soll zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruches führen (→ BAG, Beschluss vom 18.01.1994 – 1 ABR 43/93).

In der gleichen Entscheidung führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass es nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist, dass die Beteiligten vor der Einigungsstelle selbst zu Wort kommen und Ihre Positionen darlegen können. Die Funktion der Einigungsstelle ist darauf gerichtet, durch Spruch die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu ersetzen. Um diese Funktion ausfüllen zu können, ist es von besonderer Bedeutung, dass die Betriebsparteien selbst die Möglichkeit haben, ihre unterschiedlichen Auffassungen zu der Regelungsfrage und zu Lösungsvorschlägen zunächst ungefiltert darstellen zu können, damit der unparteiische Vorsitzende und die Beisitzer sich ein Bild über den Streitstoff und die Lösungsmöglichkeiten machen können. Diesen Ausführungen des 1. Senats ist vollumfänglich beizupflichten. Dementsprechend ist sie auch so gut wie einhellige Meinung.

Tipp:
Zur Förderung der Transparenz und der Darstellung der Sach- und Rechtslage durch den Betriebsrat sollten die Beisitzer des Betriebsrates anregen, dass der Betriebsrat selbst gehört wird und zumindest die für die Sachmaterie zuständigen Mitglieder des Betriebsrats oder gegebenenfalls auch das gesamte Gremium zum Einigungsstellentermin hinzugezogen wird. Die Betriebsratsmitglieder sollten dann den Termin gut vorbereitet wahrnehmen, um insbesondere auch den Einigungsstellenvorsitzenden und die Beisitzer von ihrer Sichtweise der Dinge zu überzeugen.