Anhörung des Betriebsrates bei Kündigungen

Kündigung

Beteiligung des Betriebsrates

Mitbestimmung des Betriebsrates bei Kündigungen

Will der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigen, muss er vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat anhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Ansonsten ist die Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam. Absolut wichtig ist jedoch, dass der betroffene Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage bei Gericht erhebt. Nach Ablauf der drei Wochen gilt die Kündigung nämlich sonst als wirksam! Die Anhörungspflicht besteht unabhängig von der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer und der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Auch bei Kündigungen während der Probezeit ist der Betriebsrat vorab zu hören.

Was muss dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung mitgeteilt werden?

Für eine ordnungsgemäße Anhörung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber angeben:
–    Name und Sozialdaten des zu kündigenden Arbeitnehmers,
–    Art der Kündigung (ordentlich oder außerordentlich), Kündigungsfrist und Kündigungstermin und
–    die Gründe der Kündigung.

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat gegenüber nicht alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe angeben, sondern nur die, auf die er sich auch stützen möchte (Grundsatz der subjektiven Determinierung). Es kann also durchaus sein, dass mehrere potentielle Kündigungsgründe in Betracht kommen, bspw. sowohl ein Diebstahlsverdacht als auch häufiges Zuspätkommen, der Arbeitgeber den Betriebsrat aber nur zum Diebstahlsverdacht anhört. Diese Anhörung ist trotzdem wirksam und nicht fehlerhaft. Der Arbeitgeber kann sich dann aber im Kündigungsschutzverfahren auch nur auf die Gründe berufen, die er dem Betriebsrat gegenüber mitgeteilt hat. Außerdem gilt: Entlastende Umstände darf der Arbeitgeber nicht verschweigen. In diesem Fall ist die Anhörung fehlerhaft und die Kündigung unwirksam. Doch Achtung: Auch hier gilt, dass der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben muss, sonst wird die unwirksame Kündigung wirksam!

Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Betriebsrat?

Wird der Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung angehört, hat er verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Er kann

–    der Kündigung ausdrücklich zustimmen,
–    Bedenken äußern,
–    schweigen oder
–    unter gewissen Voraussetzungen widersprechen.

Bei einer ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat innerhalb von einer Woche Bedenken äußern und hat diese mit Angabe von entsprechenden Gründen dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung sind die Bedenken innerhalb von spätestens drei Tagen schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Der Arbeitgeber kann sich dann überlegen, ob er an seiner Kündigungsabsicht festhält oder sich vom Betriebsrat überzeugen lässt und auf die Kündigung verzichtet. Soweit der Betriebsrat sich innerhalb der Wochen- bzw. 3-Tagesfrist nicht äußert, also schweigt, gilt seine Zustimmung als erteilt (§ 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG).

Bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat darüber hinaus die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen, soweit gewisse Voraussetzungen vorliegen (§ 102 Abs. 3 BetrVG). Dazu weiter unten mehr. Aber auch bei einem Widerspruch ist der Arbeitgeber nicht gehindert, die Kündigung auszusprechen.

Wichtig: Dies bedeutet, dass der Betriebsrat trotz Beteiligung bei Kündigungen, diese nicht verhindern kann! Es besteht jedoch nach § 102 Abs. 6 BetrVG die Möglichkeit, dass Arbeitgeber und Betriebsrat eine Vereinbarung treffen, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen und bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigungsstelle entscheidet. Da dies aber nur aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung möglich ist, gibt es in Praxis nur sehr selten eine solche Zustimmungsbedürftigkeit des Betriebsrates zu einer Kündigung.

Der Betriebsrat kann vor seiner Stellungnahme auch den betroffenen Arbeitnehmer selbst anhören, ist aber dazu nicht verpflichtet (§ 102 Abs. 2 S. 4 BetrVG).

Welche Folge hat der Widerspruch des Betriebsrates?

Hat der Betriebsrat einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung widersprochen, kann der Arbeitgeber zwar dennoch die Kündigung aussprechen, muss aber dem betroffenen Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift des Widerspruchs des Betriebsrates mitsenden (§ 102 Abs. 4 BetrVG). Erhebt der Arbeitnehmer dann jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage, kann er verlangen, dass er bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt wird. Der Arbeitgeber kann dieser Weiterbeschäftigungspflicht nur entgehen, wenn die Klage von vornherein keine Erfolgsaussichten hat, die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führen würde oder der Widerspruch offensichtlich unbegründet ist. All diese Fälle sind in der Praxis sehr selten. Dies bedeutet, dass der gekündigte Arbeitnehmer im Regelfall während des Prozesses weiterbeschäftigt – und vor allem weiterbezahlt werden muss. Das kann, abhängig davon über wie viele Instanzen gestritten wird, einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassen. Oft stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dann frei – was ihn aber nicht von der Zahlungsverpflichtung befreit. Und er kann das Geld nicht zurückfordern, selbst wenn der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess verliert.

Unter welchen Voraussetzungen kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen?

Die Widerspruchsgründe des Betriebsrates sind in § 102 Abs. 3 BetrVG abschließend geregelt. Voraussetzung ist zunächst, dass es sich um eine ordentliche Kündigung handelt. Im Falle einer fristlosen außerordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat nicht widersprechen, sondern höchstens Bedenken äußern.

Der Betriebsrat kann einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung widersprechen, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG). Soziale Gesichtspunkte sind u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten oder die Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers. Wenn potentiell mehrere Arbeitnehmer für eine Kündigung in Betracht kommen, muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden und die Person ermittelt werden, die am wenigsten sozial schutzwürdig ist. Anders gesagt: Es muss festgestellt werden, welche Person aus der Gruppe der vom Arbeitsplatzabbau bzw. Wegfall betroffenen Arbeitnehmern am wenigsten schutzwürdig ist, bspw. weil sie noch nicht so lange im Betrieb arbeitet, keine Unterhaltspflichten oder keine Schwerbehinderung hat.

Gibt es im Betrieb eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG , die festlegt nach welchen Kriterien eine Kündigung ausgesprochen werden soll und verstößt die Kündigung gegen diese Richtlinie, kann der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung ebenfalls wiedersprechen (§ 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG).

Ein Widerspruchsgrund liegt ebenfalls vor, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen (nicht nur im eigenen Betrieb) weiterbeschäftigt werden kann (§ 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG). Der Betriebsrat muss dann den konkreten freien Arbeitsplatz dem Arbeitgeber gegenüber angeben.

Nach § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG kann der Betriebsrat einer Kündigung auch widersprechen, wenn die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers nach einer zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme möglich ist. Wann die Umschulungs- bzw. Fortbildungsmaßnahme zumutbar ist, muss jeweils im Einzelfall anhand einer Interessenabwägung geprüft werden. Allein aufgrund der mit der Weiterbildungsmaßnahme verknüpften Kosten lässt sich eine Unzumutbarkeit nicht begründen. Der Betriebsrat hat dann in seinem Widerspruch Tatsachen und Anhaltspunkte darzulegen, die für eine Zumutbarkeit der Maßnahme sprechen.

Schließlich kann der Betriebsrat der Kündigung nach § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG widersprechen, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der betroffene Arbeitnehmer seine Zustimmung zur Änderung erteilt hat. Geänderte Vertragsbedingungen könnten bspw. die Reduzierung der Arbeitszeit oder des Arbeitsentgelts sein. Dabei wird es sich regelmäßig um schlechtere Arbeitsbedingungen handeln. Der Arbeitgeber ist hingegen nicht verpflichtet, dem betroffenen Arbeitnehmer bessere Arbeitsbedingungen anzubieten, bspw. einen höher dotierten Arbeitsplatz.

Was müssen Arbeitnehmer unbedingt tun, wenn sie sich gegen eine Kündigung wehren wollen?

Wollen Arbeitnehmer gegen eine ausgesprochene Kündigung vorgehen, ist es zwingend notwendig, dass sie Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen.

ACHTUNG: Diese muss spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingehen (§ 4 KSchG). Wird nicht innerhalb der 3-Wochenfrist Klage erhoben, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie eigentlich unwirksam ist, z.B. weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde. Auch wenn der Betriebsrat Bedenken gegen die Kündigung geäußert oder ihr widersprochen hat, genügt dies allein nicht! Der Arbeitnehmer muss innerhalb der Frist Kündigungsschutzklage einreichen, sonst wird die Kündigung mit Fristablauf trotzdem wirksam.

Selbst wenn kein Interesse mehr besteht, den bisherigen Arbeitsplatz zu behalten, kann eine Kündigungsschutzklage sinnvoll sein. Denn die meisten dieser Klagen enden dadurch, dass sich die Parteien im Wege des Vergleichs auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung und ein gutes Zeugnis einigen.

BGHP Betriebsratsberater-Team Juli 2017

Kostenhinweis für Betriebsräte

Jeder Sachverhalt ist unterschiedlich. Darum beraten wir Betriebsräte ganz individuell und bieten ihnen maßgeschneiderte Lösungen für jeden Einzelfall. Die Beratung ist kostenpflichtig. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, gemäß § 40 oder § 80 Abs. 3 BetrVG die erforderlichen Kosten für eine Rechtsberatung des Betriebsrats zu übernehmen. Gerne können Sie kostenlos und unverbindlich Kontakt mit uns aufnehmen. Wir informieren Sie dann vorab über die Höhe der zu erwartenden Kosten und die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers.