Nacht- und Schichtarbeit


(1) Was ist Nachtarbeit?

Nachtarbeit liegt nach § 2 Abs. 3, 4 ArbZG vor, wenn in der Zeit zwischen 23:00 – 6:00 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien zwischen 22:00 – 5:00 Uhr mindestens zwei Stunden gearbeitet wird. Nachtarbeitnehmer*in ist nach § 2 Abs. 5 ArbZG, wer bezogen auf die Zukunft entweder

  1. Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten hat oder
  2. Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr zu leisten hat.

In Tarifverträgen kann es hiervon abweichende Festlegungen geben.

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(2) Was ist Schichtarbeit?

Schichtarbeit hat der Gesetzgeber nicht näher definiert. Nach der Rechtsprechung des BAG liegt Schichtarbeit vor, wenn mindestens zwei Arbeitnehmer*innen ein und dieselbe Arbeitsaufgabe erfüllen, indem sie sich nach einem feststehenden und für sie überschaubaren Plan ablösen, so dass der eine AN arbeitet, während der andere arbeitsfreie Zeit hat, ohne dass der jeweils abgelöste Arbeitsplatz identisch sein muss, wenn nur die jeweils betroffenen Arbeitnehmer*innen gegenseitig untereinander austauschbar sind. (BAG,Urteil vom 18.07.1990 – 4 AZR 295/89)

In Tarifverträgen kann es hiervon abweichende Festlegungen geben.

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(3) Was hat der Gesetzgeber zum Schutz vor Nacht- und Schichtarbeit geregelt?

Der Gesetzgeber hat die Arbeit in Nacht- und Schichtarbeit als besonders belastend angesehen und hierzu in § 6 Abs. 1 ArbZG geregelt, dass diese Arbeit nur nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung zu erfolgen hat. Der Gesetzgeber schützt damit zunächst nur die „Nachtarbeitnehmer*innen“, also nicht diejenigen Arbeitnehmer*innen, die nur gelegentlich Nachtarbeit leisten.

Nach § 6 Abs. 2 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit des / der Nachtarbeitnehmers*in acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden ausgedehnt werden, wenn sie innerhalb eines Ausgleichszeitraumes von einem Monat oder vier Wochen wieder ausgeglichen wird.

Nachtarbeitnehmer*innen haben nach § 6 Abs. 3 ArbZG Anspruch auf regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen.

Nachtarbeitnehmer*innen haben einen Anspruch auf Umsetzung in eine andere Schicht, wenn dies arbeitsmedizinisch geboten oder zur Betreuung der eigenen Kinder unter 12 Jahren oder von nahen Angehörigen erforderlich ist. (§ 6 Abs. 4 ArbZG)

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(4) Was versteht man unter „gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen“ i. S. d. ArbZG?

Was genau hierunter zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber selbst nicht festgelegt. Hierbei ist auf den entsprechenden aktuellen Stand der Arbeitswissenschaft zurück zu greifen. Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse können den arbeitsmedizinischen Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im „Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit“ entnommen werden (abrufbar unter www.baua.de/de).

Danach sollten bei der Gestaltung von Nacht- und Schichtsystemen:

  • möglichst nicht mehr als drei Nachtschichten aufeinander folgen,
  • zwischen einer Nachtschichtphase und der nächsten Schichtphase mindestens 24 Stunden liegen,
  • statt einzelner freier Tage geblockte Wochenendzeiten oder zumindest mehrere freie Tage hintereinander gewährt werden,
  • die Mehrbelastungen zum Zwecke der besseren Erholung statt durch Zuschläge durch zusätzliche Freizeitgewährung ausgeglichen werden,
  • Schichtpläne vorwärts rotieren, d. h. früh – spät – nachts usw.,
  • die Nachtschichten nicht zu spät enden und die Frühschichten nicht zu früh beginnen; empfohlen werden hier flexible Gleitzeitmodelle für Schichtbeginn und Schichtende,
  • starre Schichtbeginnzeiten vermieden werden, um unterschiedliche Wegezeiten der Arbeitnehmer*innen zu berücksichtigen,
  • Arbeitszeiten von über acht Stunden Dauer vermieden werden,
  • die Dauer der Schichten von der Arbeitsschwere abhängig gemacht werden, im Zweifel sind für Nachtschichten kürzere Zeiten zu Grunde zu legen,
  • Schichtpläne vorhersehbar und überschaubar sein, Individuelle Wünsche Berücksichtigung finden;
    viele kurzfristige Schichtplanänderungen sind demgegenüber für die Gesundheit der Beschäftigten
    kontraproduktiv.

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(5) Wie ist Nacht- und Schichtarbeit zu vergüten?

Typischerweise finden sich hierzu Regelungen in einschlägigen Tarifregelungen. Der Gesetzgeber hat zur Vergütung von Schichtarbeit nichts geregelt. Lediglich zur Nachtarbeit gibt es eine Regelung im ArbZG.

Nachtarbeitnehmer*innen haben danach einen Anspruch auf angemessenen Freizeitausgleich in Form von freien Tagen oder auf einen angemessenen Zuschlag auf die entsprechende Stundenvergütung. (§ 6 Abs. 5 ArbZG)

Was genau unter einem angemessenen Zuschlag zu verstehen, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Das BAG sieht 25 % des Bruttostundenverdienstes als angemessenen Zuschlag an, für dauerhafte oder sehr häufige Nachtarbeit hält es einen Zuschlag von mindestens 30 % für angemessen. (BAG, Urt. V. 09.12.2015 – 10 AZR 156/15) Durch Tarifvertrag können abweichend davon höhere Zuschläge geregelt werden.

Ist die Frage, ob der Ausgleich in Freizeit oder in Geld zu gewähren ist, weder durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag geregelt, steht dem Arbeitgeber hierbei ein Wahlrecht zu. In Betrieben mit Betriebsrat hat der Betriebsrat hierüber nach § 87 Abs. 1 Nr. 4, 10 BetrVG mitzubestimmen.

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