Arbeitszeitkonto


(1) Was versteht man darunter und warum gibt es das?

Rechtlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich für den Arbeitgeber, wenn er mit der / dem Arbeitnehmer*in ein Arbeitszeitkonto vereinbart. Sind für das Arbeitsverhältnis Tarifverträge einschlägig, enthalten diese oftmals verbindliche Regelungen darüber, ob und in welchem Umfang solche Arbeitszeitkonten zulässig sind. Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, gibt es zu diesem Gegenstand oft auch Betriebsvereinbarungen.

Bei einem Arbeitszeitkonto sind Schwankungen der regelmäßig vertraglichen Arbeitszeit pro Woche oder pro Monat ausdrücklich erlaubt, diese müssen aber regelmäßig innerhalb eines bestimmten Zeitraums wieder ausgeglichen werden.  Die Höhe der monatlichen Vergütung bleibt dabei gleich. Die Dauer und Lage der Arbeitszeit am Tag oder in der Woche kann im Unterschied zum „normalen“ Arbeitsverhältnis variabel gestaltet werden. Arbeitet ein / eine Arbeitnehmer*in länger als nach der im Arbeitsvertrag vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeitdauer, bekommt er/sie hierfür Plusstunden gutgeschrieben, für welche er/sie zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Freistellungsansprüche erhält. Arbeitet er / sie kürzer als nach der im Arbeitsvertrag vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit, entstehen Minusstunden, die später nachgearbeitet werden müssen. Für die Plus- und Minussalden sind bestimmte Höchstgrenzen vereinbart, bei deren Erreichen eine Rückführung anzustreben ist. Das Arbeitszeitkonto ist i. d. R. innerhalb eines bestimmten festgelegten Ausgleichszeitraumes, z. B. innerhalb eines Monates, eines Quartals, eines Halbjahres oder eines Jahres, entweder vollständig oder annähernd auszugleichen, so dass die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit auch tatsächlich erreicht werden kann.

Arbeits- oder tarifvertragliche Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsabgeltung, evtl. Zuschläge für Nacht-, Spät-, Feiertags- und Wochenendarbeit dürfen hierdurch nicht gemindert werden. Erhebliche Auswirkungen hat das Arbeitszeitkonto aber auf eventuelle Ansprüche auf Überstunden- und Mehrarbeitszuschläge. Diese entstehen i. d. R., wenn die vertragliche Arbeitszeit oder die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschritten wird. Mit der Einführung eines Arbeitszeitkontos wird hingegen der Zeitraum für das Erreichen der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Wochenarbeitszeit nach hinten verschoben mit der Folge, dass Überstunden- oder Mehrarbeitszuschläge erst später anfallen oder ganz entfallen können.

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(2) Was sind die Vorteile für den Arbeitgeber? Was sind Nachteile für Arbeitnehmer*innen?

Er kann die Dauer und Lage der Arbeitszeit der Beschäftigten an seine Bedürfnisse anpassen. Sonst eventuell anfallende Zuschläge für Überstunden oder Mehrarbeit werden verringert oder entfallen.

Die Vorteile für den Arbeitgeber bewirken entsprechende Nachteile auf Arbeitnehmerseite. Die eigene voraussehbare und sicher planbare Freizeit wird weniger planbar und zugunsten des Arbeitgebers eingeschränkt.

Bislang übliche Zuschläge für Überstunden und Mehrarbeit können entfallen.

Die arbeitstägliche und wöchentliche Arbeitszeit kann teilweise bis zur Grenze der individuellen Belastbarkeit und des ArbZG ausgedehnt werden.

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(3) Was sind die Vorteile für Arbeitnehmer*innen?

Andererseits erhält der/die Arbeitnehmer*in durch die Ableistung von Plusstunden zusätzliche Urlaubstage. Bestimmte spontane Freizeitwünsche können so flexibler und weniger aufwendig realisiert werden, als in dem oft langwierigeren Urlaubsantragsverfahren.

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(4) Was bedeutet dies für die Praxis?

Die aufgezeigten möglichen Nachteile können durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung vermieden oder deutlich abgemildert werden. Da der/die einzelne Arbeitnehmer*in derartige Rechte aber i. d. R. allein gegen „seinen“ bzw. „ihren“ Arbeitgeber nicht durchsetzen kann, empfiehlt sich hier die Regelung durch eine Vertretung der Arbeitnehmer*innen, z. B. durch die Gewerkschaft oder den Betriebsrat. Derartige Regelungen gehen entsprechenden Arbeitsvertragsregelungen immer vor.

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