Interessenausgleich


Was ist ein Interessenausgleich?

Ein Interessenausgleich ist eine vom Sozialplan zu unterscheidende Vereinbarung, in der sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die dem Sozialplan vorgelagerte Frage verständigen, ob, wann und wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll. Die Beratungen von Arbeitgeber und Betriebsrat über den Interessenausgleich haben das Ziel, mögliche Alternativen zu bestimmen, die weniger einschneidende oder gar keine nachteiligen Folgen für die Arbeitnehmer haben. Der Interessenausgleich regelt also, die Notwendigkeit, die Art und den Zeitpunkt der Betriebsänderung und kann dabei idealerweise schon das Entstehen von Nachteilen verhindern, während der Sozialplan darauf ausgerichtet ist, wirtschaftliche Nachteile, die durch die Betriebsänderung für die Arbeitnehmer entstehen, auszugleichen oder abzumildern.

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Wann wird ein Interessenausgleich abgeschlossen?

Die Entscheidung des Unternehmers über die Betriebsänderung soll nach überwiegender Auffassung frei sein, weshalb der Interessenausgleich in der Einigungsstelle nicht erzwingbar ist. Zwar muss der Arbeitgeber, wenn der Betriebsrat dies will, mit ihm auch in der Einigungsstelle über den Interessenausgleich verhandeln, die Einigungsstelle kann aber nur Vorschläge machen. Daher kann sich der Arbeitgeber im Interessenausgleichsverfahren gegen den Willen des Betriebsrats durchsetzen. Die Interessen des Betriebsrats sollen aber durch dieses Verfahren eingebracht werden. Darin besteht der Sinn des Interessenausgleichsverfahrens. Da die Unternehmerentscheidung über die Betriebsänderung nach herrschender Auffassung frei sein soll, ist der einmal abgeschlossene Interessenausgleich nach herrschender Auffassung auch nicht klagbar, kann also nicht vor Gericht durchgesetzt werden. Dies ist kritisch zu sehen, weil einmal abgeschlossene Verträge zu befolgen sind und der Unternehmer seine Freiheit wahren kann, indem er dem Interessenausgleich zustimmt oder auch nicht zustimmt. Allerdings wird der Unternehmer mittelbar dazu angehalten, einen abgeschlossenen Interessenausgleich zu befolgen: Arbeitnehmer, die infolge einer ohne zwingenden Grund erfolgenden Nichtbeachtung des Interessenausgleichs entlassen werden, können Abfindungen einklagen und den Ausgleich sonstiger Nachteile fordern (sog. individueller Nachteilsausgleich, § 113 BetrVG). Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber gar nicht erst versucht, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abzuschließen.

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Welche Wirkung hat ein Interessenausgleich?

Lange war umstritten, ob Betriebsräte ihr Recht auf Verhandlung eines Interessenausgleichs mithilfe eines Unterlassungsanspruchs gegen die Betriebsänderung selbst sichern können. Mittlerweile haben die meisten Landesarbeitsgerichte einen solchen Anspruch bejaht. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts konnte dazu noch nicht ergehen, da der Unterlassungsanspruch in aller Regel zeitkritisch ist und im Wege einer einstweiligen Verfügung – die nur durch zwei Instanzen geht – geltend gemacht wird.

Das bedeutet, dass der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats wirksam durchgesetzt werden kann, solange die Betriebsänderung noch nicht durchgeführt worden ist. Rechtmäßig kann der Arbeitgeber eine Betriebsänderung ohne Interessenausgleich erst durchführen, wenn er vorher eine Einigungsstelle angerufen hat und die Verhandlungen über den Interessenausgleich in der Einigungsstelle gescheitert sind.

Betriebsräte sollten an die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs denken, wenn sie merken, dass der Arbeitgeber Vorbereitungshandlungen für eine Betriebsänderung, also eine Betriebsschließung, Betriebsverlegung oder ähnliches, trifft.

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Bearbeiter: Rechtsanwalt Benedikt Rüdesheim