28.11.2017

Jeder zweite Beschäftigte wünscht sich mehr Gesundheit und Sicherheit im Unternehmen

Die Frage von Arbeits- und Gesundheitsschutz ist eines der zentralen betrieblichen Themen. Allein 2016 wurden rund 877.000 Arbeitsunfälle gezählt (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6051/umfrage/gemeldete-arbeitsunfaelle-in-deutschland-seit-1986/). Dabei dürfte die Dunkelziffer um einiges höher sein. Arbeits- und Gesundheitsschutz ist nicht nur für die Beschäftigten selbst wichtig, sondern sollte auch im eigenen Interesse der Arbeitgeber ernstgenommen werden. Dr. Walter Eichendorf, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes des Berufsgenossenschaften und Unfallkassen (DGUV), führt dazu richtigerweise aus:

„Ein Unternehmen, das dafür sorgt, dass seine Beschäftigten keinen körperlichen und psychischen Gefahren ausgesetzt sind, trägt dazu bei, dass sich weniger Unfälle ereignen und Beschäftigte seltener krankheitsbedingt ausfallen. Dadurch steigen Qualität und Attraktivität der Unternehmen und sie können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig binden.“

Was ist gewünscht?
Rund die Hälfte aller Beschäftigten wünschen sich in ihren Betrieben Verbesserungen bei den Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Unfallkassen und Berufsgenossenschaften im Rahmen der neuen Präventionskampagne „kommmitmensch“ (https://www.kommmitmensch.de/home/). Das Ergebnis der Studie zeigt einen entsprechenden Handlungsbedarf: Nur etwa jeder fünfte Beschäftigte bewertet die Situation im Unternehmen in Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutz als positiv. Die Hälfte aller Beschäftigten ist mit den bestehenden Informationen und Angeboten zu Sicherheit und Gesundheit im Betrieb unzufrieden und sieht einen Verbesserungsbedarf. Vor allem von Führungskräften und direkten Vorgesetzen wird eine größere Aufmerksamkeit für dieses Thema gewünscht.

Was ist Anlass für die Präventionskampagne
Anlass für die Präventionskampagne ist u.a. der Umstand, dass die Unfallzahlen in den Betrieben in den letzten Jahren nicht mehr so deutlich wie zuvor gefallen sind. 2016 gab es sogar einen Anstieg von Arbeitsunfällen im Vergleich zu 2015. Grund genug also, das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz stärker auf die Tagesordnung zu setzen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Hier will die Kampagne „kommmitmensch“ ansetzen, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Unternehmen und Beschäftigte dabei unterstützen, Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen entgegen zu wirken.

Was kann getan werden?
Der Betriebsrat hat im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht betrifft Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Unfallverhütungsvorschriften. Von zentraler Bedeutung ist hier vor allem die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Nach § 5 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Bei der Erstellung einer solchen Gefährdungsbeurteilung und vor allem bei den Abhilfemaßnahmen ist der Betriebsrat zwingend zu beteiligen.

Kann der Betriebsrat auch selbst die Initiative ergreifen?
Der Betriebsrat kann aber auch selbst aktiv werden und den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung und Abhilfemaßnahmen auffordern. Sollte sich der Arbeitgeber weigern oder lässt sich keine Einigung erzielen, kann er über die Anrufung der Einigungsstelle eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung bzw. Abhilfemaßnahmen erzwingen. So hat beispielsweise das Arbeitsgericht Kiel in einer wegweisenden Entscheidung (Beschluss vom 26.07.2017 – 7 BV 67 c/16) entschieden, dass die Einigungsstelle per Spruch eine Mindestbesetzung mit Pflegepersonal vorgeben darf, wenn dies erforderlich ist, um einer Gesundheitsgefährdung der Beschäftigten durch Überlastung abzuhelfen. (Link zur Entscheidungsbesprechung)

Betriebsräte sollten also ein offenes Auge haben, ob und wo im Betrieb mögliche Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten lauern und das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz auf der betrieblichen Tagesordnung weit nach oben setzen.

Wie können wir unterstützen?
Arbeits- und Gesundheitsschutz ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein rechtlich anspruchsvolles Thema. Jeder Sachverhalt ist unterschiedlich. Darum beraten wir Betriebsräte ganz individuell und bieten ihnen maßgeschneiderte Lösungen für jeden Einzelfall. Darüber hinaus unterstützen wir gerne in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG die erforderlichen Kosten für eine anwaltliche Unterstützung des Betriebsrats zu übernehmen.

BGHP Betriebsratsberater-Team
09.11.2017