21.09.2017

BAG-Urteil: Mindestlohn ist Mindestberechnungsgrundlage für Zuschläge

Das Bundesarbeitsgericht stellt klar:

Der Mindestlohn ist die Mindestberechnungsgrundlage für Zuschläge

Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes Anfang 2015 kommt es immer wieder zum Streit über die Berechnung von Zuschlägen und Entgeltfortzahlung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zu dieser Frage am 20.09.2017 eine sehr zu begrüßende Entscheidung getroffen und klargestellt:

Berechnungsgrundlage für Zuschläge, die auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen sind, ist der gesetzliche Mindestlohn, soweit keine bessere tarifliche oder arbeitsvertragliche Regelung besteht. Weiterhin entschied es, dass bei der Berechnung von Entgeltfortzahlung an Feiertagen ebenfalls der gesetzliche Mindestlohn zu Grunde zu legen ist. Außerdem darf ein vereinbartes Urlaubsgeld nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.

Worum ging es?
Geklagt hatte eine Frau, die seit vielen Jahren als Montagekraft bei einem vertraglichen Stundenlohn von zuletzt 7,15 ` beschäftigt ist. Darüber hinaus zahlte der Arbeitgeber eine „Zulage nach dem MiLoG“. Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Manteltarifvertrag (MTV) sah außerdem einen Nachtarbeitszuschlag i.H.v. 25 % des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein „Urlaubsentgelt“ i.H.d. 1,5-fachen des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vor.

Bei der Berechnung der Nachtarbeitszuschläge und des tariflichen Urlaubsgeldes sowie der Entgeltfortzahlung an Feiertagen legte der Arbeitgeber nicht den Mindestlohn, sondern den vertraglich vereinbarten geringeren Stundenlohn zu Grunde. Darüber hinaus rechnete er das Urlaubsgeld auf die Mindestlohnansprüche an. Die Arbeitnehmerin verklagte daraufhin den Arbeitgeber.

Wie begründet das BAG seine Entscheidung?
Nachdem die Klägerin bereits in den ersten beiden Instanzen Recht bekommen hat, bestätigte nunmehr auch das BAG, dass der Arbeitgeber als Berechnungsgrundlage für die Entgeltfortzahlzahlung an Feiertagen auf den gesetzlichen Mindestlohn abzustellen hat, soweit keine bessere tarifliche oder vertragliche Vereinbarung besteht.

Auch hinsichtlich des Nachtarbeitszuschlags und des Urlaubsgeldes ist Berechnungsgrundlage der Mindestlohn, da dieser Teil des „tatsächlichen Stundenverdientes“ im Sinne des MTV ist.

Die Anrechnung des Urlaubsgelds auf den Mindestlohn war ebenfalls nicht rechtmäßig. Nach dem MTV besteht hierauf ein eigenständiger Anspruch und es handelt sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit.
Diese Entscheidung kann in der Praxis vielen Mindestlohnempfängern zu Gute kommen und zu etwas mehr Geld am Ende des Monats führen.

Praxistipp
Kontrollieren Sie Ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung darauf, ob der Arbeitgeber bei der Berechnung von Zuschlägen, Urlaubsgeld und Entgeltfortzahlung den Mindestlohn zu Grunde legt (soweit keine bessere Lohnvereinbarung besteht). Prüfen Sie auch, ob er das Urlaubsgeld auf den Mindestlohn anrechnet. Sie haben das Recht, sich vom Arbeitgeber die Abrechnung erklären zu lassen. In Betrieben mit Betriebsrat können Sie auch ein Betriebsratsmitglied zu dem Gespräch hinzuziehen. Sollten Sie Unstimmigkeiten finden, machen Sie den Differenzbetrag beim Arbeitgeber geltend. Zahlt er nicht, bestehen auf Grundlage der neuen BAG-Entscheidung gute Chancen für eine erfolgreiche Klage.

Aber Achtung: Es laufen ggf. Ausschlussfristen.

Für Betriebsräte gilt: Sie sollten unbedingt ihre Beschäftigten über das BAG-Urteil informieren verbunden mit der Aufforderung, ihre Gehaltsabrechnungen zu überprüfen und Verstöße dem Betriebsrat zu melden. Dieser muss dann den Arbeitgeber auf die Gesetzesverstöße aufmerksam machen und auf Abhilfe dringen. Nach dem BetrVG ist nämlich Aufgabe des Betriebsrats, darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die Gesetze einhält.
Egal ob Arbeitnehmer oder Betriebsrat, wir beraten Sie gern in dieser Angelegenheit.

21.09.2017