Sperrzeiten

Grundsatz/Ausnahme allgemein

Grundsatz

Grundsätzlich  wird  eine Sperrzeit verhängt, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis beendet hat bzw. selbst und durch entsprechendes Verhalten seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Ausnahme

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sind wichtige und nachweisbare Gründe z.B. für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

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Vorschrift

Sperrzeit wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Teil der Vorschrift:

§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III (Ruhen bei Sperrzeit)

„Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit.“

„Versicherungswidriges Verhalten liegt (insbesondere) vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).“

§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III befasst sich mit der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, also im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.

Danach tritt regelmäßig eine Sperrzeit ein,

  • wenn der Arbeitnehmer selbst das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat;
    entweder selbst gekündigt, einen Aufhebungsvertrag geschlossen oder durch vertragswidriges Verhalten Anlass zu einer arbeitgeberseitigen Kündigung gegeben hat,
  • infolgedessen Arbeitslosigkeit eingetreten ist,
  • diese grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurde und
  • kein wichtiger Grund dafür vorlag.

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Beginn der Sperrzeit

Teil der Vorschrift § 144 SGB III

§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III

„Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrfrist.“

Diese Vorschrift bedeutet, dass eine Sperrzeit auf Grund der Regelung ihres Beginns auch die bekannte Dauer pro Sperrzeit „bis zu“ 12 Wochen überschreiten kann.

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Dauer der Sperrzeit aus diversen Gründen

§ 144 Abs. 3 SGB III (Grundsatz der Dauer und Verkürzungen)

„Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen.“

Die Zeit verkürzt sich … (auf drei bzw. sechs Wochen)

… aus verschiedenen Gründen, unter anderem, dass das Arbeitsverhältnis binnen einer bestimmten Zeit nach dem Ereignis (das die Sperrzeit begründet hat), geendet hätte

… oder die mit dem Eintritt in eine Sperrzeit eine besondere Härte bedeuten würde.

§ 144 Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6 SGB III (weitere Gründe für Sperrzeiten sowie deren Dauer)

Gründe

  1. Arbeitsablehnung
  2. Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
  3. Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
    Je nachdem, ob es sich um das erste oder zweite versicherungswidrige Verhalten handelt, betragen die Sperrzeiten drei bzw. sechs Wochen. Bei weiteren Verstößen beträgt die Sperrzeit zwölf Wochen.
  4. unzureichende Eigenbemühungen (z.B. Bewerbungen): zwei Wochen
  5. Meldeversäumnis (z.B. Termine der Agentur für Arbeit nicht wahrgenommen): eine Woche
    (Auch ein Nachsendeauftrag, der normalerweise jegliche Post bei einem Umzug weiterleitete, tat dies nicht bei der Terminsmitteilung der Agentur für Arbeit, was jedoch irrelevant ist. Der Arbeitnehmer hätte bei seinem Umzug der Agentur für Arbeit seine neue Adresse mitteilen müssen. Sozialgericht Reutlingen 10.03.2005, S 8 AL 609/03).
  6. verspätete Arbeitssuchendmeldung: eine Woche

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Umgehung der Sperrzeit durch Abwicklungsverträge?

Wann tritt keine Sperrzeit ein?

Die Sperrzeit tritt nicht ein, wenn der Arbeitnehmer für o.g. Verhalten einen wichtigen Grund hatte.

Das bedeutet, dass dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers einerseits und der Versichertengemeinschaft andererseits ein anderes als das pflichtwidrige Verhalten hätte zugemutet werden können. Hierbei muss ebenso der Beendigungszeitpunkt berücksichtigt werden, so die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Umgehung durch so genannten „Abwicklungsvertrag“?

Auch wenn es lange Zeit hieß, dass die Sachlage bei einem so genannten Abwicklungsvertrag oder einer Abfindungsvereinbarung grundlegend anders ist, ist auch hier Vorsicht geboten.

Im Unterschied zum Aufhebungsvertrag setzt der Abwicklungsvertrag eine Kündigung als Auflösungstatbestand voraus und regelt lediglich die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, z.B. Abfindung, Zeugnis etc. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer diese Art der Beendigung des Vertrages vorher gemeinsam festgelegt bzw. abgesprochen, bleibt es auch bei solchen Verträgen dabei, dass der Arbeitnehmer an der Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt hat.

Vergleiche im Kündigungsschutzverfahren bleiben privilegiert

Abwicklungsverträge im Kündigungsschutzverfahren sind möglich, ohne dass eine Sperrfrist verhängt wird. Ein sehr sicherer Weg, um eine Sperrfrist zu meiden und möglicherweise auch eine Abfindung oder eine höhere Abfindung auszuhandeln, ist der Weg zum Gericht.
Lassen Sie sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten.

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Umgehung der Sperrzeit durch Aufhebungsverträge?

Wichtiger Grund für die Beendigung

Entscheidend ist im Einzelfall, ob ein wichtiger Grund für die Beendigung des AV vorliegt.

Die Arbeitsagentur verhängte früher regelmäßig eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für die Dauer von bis zu 12 Wochen. Nur, wenn sich der Arbeitnehmer auf einen „wichtigen Grund“ berufen kann, entfällt die Sperrzeit.

Dieser sollte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann vorliegen, wenn die Arbeitslosigkeit auch ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages spätestens zu diesem Zeitpunkt eingetreten wäre und der Arbeitnehmer mit dem Aufhebungsvertrag „die mit einer Kündigung typischerweise einhergehenden Nachteile“ verhindern oder mindern kann.

Bei der Arbeitsagentur musste der Arbeitnehmer genau dies nachweisen, nämlich nicht nur, dass ihm tatsächlich die Kündigung drohte, wenn er den Aufhebungsvertrag nicht abgeschlossen hätte, sondern auch, dass das Abwarten einer ja nur angedrohten Arbeitgeberkündigung unzumutbar (weil erheblich beeinträchtigend) sein würde. Da ein solcher Nachweis schwer bis überhaupt nicht möglich war, zog ein geschlossener Aufhebungsvertrag praktisch immer die Verhängung einer Sperrzeit durch die Arbeitsagenturen nach sich.

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Urteil des BSG zugunsten des Arbeitnehmers

Davon abweichend hat das Bundessozialgerichts mit Urteil vom 17.11.2005, B 11a/11 AL 69/04 R und danach (bestätigend) durch Urteil vom 12.07.2006, B 11a AL 47/05 R in Einzelfällen zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden:

Bundessozialgericht, Urteil vom 12.07.2006 – B 11a AL 47/05 R

weiter … siehe Aufhebungsvertrag – Sperrzeit unter Rechtsprechungs-ABC

Praxistipp
Es ist trotz der o.g. Entscheidung des BSG Vorsicht geboten, was den Abschluss von Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen angeht. Die dargestellte Entscheidung könnte zwar eine Rechtsprechungsänderung einläuten, ist aber noch eine Einzelfallentscheidung.

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