Dienstreisen


(1) Ist die für eine Dienstreise aufgewandte Zeit Arbeitszeit i. S. d. ArbZG und als solche immer zu vergüten?

Bei Dienstreisen fährt der / die Arbeitnehmer*in auf Weisung des Arbeitgebers an einen bestimmten Ort außerhalb des Betriebes, um ein Dienstgeschäft zu erledigen. Hierbei stellen sich folgende Fragen:

a) Ist die Zeit der Reise als Arbeitszeit zu bewerten?

b) Ist die Zeit der Reise wie Arbeitszeit zu vergüten?

c) Was gilt für die aufgewandte Zeit, die der / die Arbeitnehmer*in darüber hinaus fern von zu Hause an
einem anderen Ort verbringt? Gilt dies als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG? Ist dies auch entsprechend zu
vergüten?

Bei der Beantwortung dieser Fragen, ist die Frage – ob Arbeitszeit im Sinne des ArbZG vorliegt – zu trennen von der Frage, ob und wie diese Zeit nach § 611 BGB zu vergüten ist. Denn das ArbZG dient nur dem Schutz der Arbeitnehmer*innen vor Überlastung, regelt aber die Vergütung nicht. Allein die Tatsache, dass Zeiten zur Arbeitszeit nach dem ArbZG gehören, besagt noch nichts darüber, ob und wie hoch diese Zeiten zu vergüten sind. Umgekehrt sind manchmal auch Zeiten zu vergüten, obwohl es sich hierbei nicht um Arbeitszeit i. S. d. ArbZG handelt.

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(2) Reisezeit gilt nur als Arbeitszeit und ist als solche zu vergüten, wenn…

Diese Zeit gilt als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG, wenn der / die Arbeitnehmer*in während der Arbeitszeit fremdnützig tätig ist, d. h. z. B. auf Veranlassung des Arbeitgebers Akten bearbeitet, E-Mails beantwortet oder ein Fahrzeug führt. In diesem Fall ist diese Arbeitszeit dann auch wie sonstige Arbeitszeit zu vergüten.

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(3) Reisezeit gilt nicht als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG, wenn …

An der Fremdnützigkeit soll es nach Auffassung des BAG in der Entscheidung vom 11.07.2006, 9 AZR 519/05 fehlen, wenn der Arbeitgeber es dem / der Arbeitnehmer*in für die Dauer der Dienstreise frei überlässt, wie er / sie die Zeit während der Reise verbringt. Erwartet der Arbeitgeber vom / von der Arbeitnehmer*in während dieser Zeit keine Erbringung einer Arbeitsleistung, so soll es sich hierbei nicht um Arbeitszeit i. S. d. ArbZG handeln. Dies ist zum Beispiel anzunehmen, wenn der / die Arbeitnehmer*in nur als Beifahrer*in im KfZ mitfährt, oder – ohne zu arbeiten – mit der Bahn fährt oder im Flugzeug sitzt.

Abweichende Regelungen hierzu finden sich häufig in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

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(4) Wie ist die Zeit zu bewerten, welche der/die Arbeitnehmer*in am anderen Dienstort verbringt?

Nach den oben genannten Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichtes zählt auch diese Zeit grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit i. S. d. ArbZG. Grundsätzlich entfällt für diese Zeit daher auch eine Vergütungspflicht.

Abweichende Regelungen hierzu finden sich häufig in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

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 (5) Hat sich daran durch das Urteil des BAG vom 17. Oktober 2018 – 5 AZR 553/17 etwas verändert?

In diesem Fall ist das Bundesarbeitsgericht grundsätzlich der Auffassung des klagenden Arbeitnehmers gefolgt, der von seiner Arbeitgeberin die Vergütung der aufgewandten Zeit für eine Dienstreise von Deutschland nach China über Dubai für die Dauer von mehr als fünf Tagen forderte. Zwar hatte das Gericht vorliegend Zweifel, ob die gesamte Dauer wirklich als kostengünstigste Reisemöglichkeit insgesamt erforderlich und erstattungsfähig war. Davon abgesehen stellte das Gericht aber fest, dass diese Reisezeit aber nach § 611 BGB als Arbeitszeit vergütungspflichtig sei, denn diese Zeit wende der betroffene Arbeitnehmer ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers auf und erfülle damit seine vertragliche Hauptleistungspflicht.

Reisezeiten im Auftrag des Arbeitgebers zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht sind demnach – unabhängig vom Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme – i. d. R. vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611 BGB.

Auf die Frage – ob diese aufgewandte Reisezeit als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG gilt – kam es bei der zitierten Entscheidung des BAG nicht an. Das Gericht meinte hierzu nur, dass diese Frage unabhängig von der Vergütungspflicht zu beantworten sei. Folglich bleibt es diesbezüglich bei den oben genannten Ausführungen, wonach diese Reisezeit allein – ohne tatsächliche Inanspruchnahme – nicht zur Arbeitszeit i. S. d. ArbZG gehört.

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