Arbeit an Sonn- und Feiertagen

  1. Ist das erlaubt?
  2. Der gesetzliche Sonn- und Feiertagsschutz
  3. Beispiele für die Reichweite des Schutz des ArbZG
  4. … und seine Ausnahmen
  5. Der Anspruch auf einen Ersatzruhetag
  6. Spezielle Regelungen für Beschäftigte im Einzelhandel
  7. Spezielle Regelung für Beschäftigte im Berliner Einzelhandel
  8. Der Kampf um die freien Sonn- und Feiertage im Lichte der Rechtsprechung
  9. Kampf um die Sonntagsöffnung im Einzelhandel
  10. Kampf um die Sonntagsöffnung in Call Centern
  11. Macht es einen Unterschied, wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt?

(1) Ist das erlaubt?

Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist nur ausnahmsweise und unter ganz engen Voraussetzungen zulässig. Für Betriebsräte und Beschäftigte vor allem in Dienstleistungsbranchen wie im Einzelhandel und im Call Center ist die Frage, ob die Arbeitgeber berechtigt sind, an diesen Tagen Arbeit anzuordnen, immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.

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(2) Der gesetzliche Sonn- und Feiertagsschutz

Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist nach § 9 ArbZG grundsätzlich verboten. Dieses Verbot gilt für die Tageszeit von 0:00 – 24:00 Uhr des jeweiligen Tages. In mehrschichtigen Betrieben ist nach § 9 Abs. 2 ArbZG ein Verschieben des Beginns und Ende des freien Tages um bis zu sechs Stunden möglich, der Zeitraum von 24 freien Stunden muss allerdings gewahrt bleiben.

Zum freien Sonntag oder Feiertag kommt der Anspruch des / der Arbeitnehmer*in auf eine Ruhezeit von 11 Stunden nach § 11 Abs. 4 ArbZG. Der Anspruch auf Freizeit erhöht sich somit auf mindestens 35 Stunden.

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(3) Beispiele für die Reichweite des Schutz des ArbZG

Beispiel 1:

Die Arbeit einer Arbeitnehmerin endet Samstag, 20:00 Uhr. Inklusive der Ruhezeit hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf 35 freie Stunden. Die Arbeitnehmerin dürfte damit frühestens wieder ab Montag, 7:00 Uhr eingesetzt werden.

Beispiel 2:

Endet die Nachtschicht einer Arbeitnehmerin am Sonntagmorgen um 6:00 Uhr, so hat sie Anspruch auf 24 freie Stunden bis nächsten Montag, 6:00 Uhr. (§ 11 Abs. 2 ArbZG) Hinzu kommt der Anspruch auf 11 Stunden Ruhezeit. Die Arbeitnehmerin darf daher frühestens erst wieder ab Montag, 17:00 Uhr wieder zur Arbeit eingeteilt werden.

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 (4) … und seine Ausnahmen

Der Gesetzgeber hat von dem Verbot in den §§ 10, 11, 12, 13, 14 und 15 ArbZG zahlreiche Ausnahmen vorgesehen. Dies betrifft Bereiche, die für die notwendige Versorgung der Bevölkerung überragende Bedeutung haben und bei denen im Falle eines absoluten Arbeitsverbotes erhebliche Schäden für Leben- und Gesundheit der Bevölkerung drohen, wie z. B. Krankenhäuser, Pflegeheime, Feuerwehr, oder welche für das Funktionieren des öffentlichen Lebens unabdingbar sind, wie z. B. Verkehrsbetriebe, Gaststätten, Hotels, Rundfunk- und Medienanstalten usw.

In jedem dieser Fälle wird den betroffenen Beschäftigten durch § 11 Abs. 1 ArbZG ein gewisser Mindestschutz gewährt. Danach hat jeder Beschäftigte gleich welcher Branche einen Anspruch auf mindestens 15 arbeitsfreie Sonntage pro Jahr.

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(5) Der Anspruch auf einen Ersatzruhetag

Nach § 11 Abs. 3 ArbZG haben Arbeitnehmer*innen, die Sonn- oder Feiertags arbeiten, Anspruch auf einen Ersatzruhetag. Dieser ist bei einem Sonntag binnen der folgenden zwei Wochen, bei einem Feiertag binnen der folgenden acht Wochen zu gewähren. Auch dieser Ersatzruhetag ist zusammen mit der Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren, so dass der / die Arbeitnehmer*in einen Anspruch auf mindestens 35 freie Stunden hat. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber im ArbZG von einer Sechstagewoche ausgeht. In den meisten Unternehmen arbeiten Beschäftigte aber bereits in einer Fünftagewoche. D.h. die Ersatztageregelung wirkt sich für sie meistens nicht konkret  aus, da sie sowohl mit als auch ohne Ersatzruhetag ohnehin nur verpflichtet sind, fünf Tage die Woche zu arbeiten. Die vom Gesetzgeber gewünschte Kompensation durch Freizeitausgleich läuft in diesen Fällen ins Leere.

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(6) Spezielle Regelungen für Beschäftigte im Einzelhandel

Für Beschäftigte im Einzelhandel sind zudem die Regelungen zur Ladenöffnung nach den einschlägigen Ladenöffnungs- oder Ladenschlussgesetzen der einzelnen Bundesländer einschlägig. Danach dürfen Arbeitgeber im Einzelhandel Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen auch an Sonntagen und Feiertagen beschäftigen, wenn die Beschäftigung nur an den durch Rechtsverordnung der entsprechenden Landesregierung freigegebenen – je nach Bundesland unterschiedlichen – Tagen erfolgt und die entsprechenden Vorrausetzungen vorliegen. Die einzelnen Landesregierungen haben von danach möglichen Ausnahmen von Sonntagsarbeit in unterschiedlich starkem Umfang Gebrauch gemacht. In vielen Ländern ist eine Öffnung an Sonntagen nur für höchstens vier Sonntage im Jahr möglich. In Brandenburg ist nach dem einschlägigen BbgLöG die Öffnung an bis zu sechs Sonntagen, in Berlin nach dem BerLadÖffG an bis zu 10 Sonntagen im Jahr möglich.

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(7) Spezielle Regelung für Beschäftigte im Berliner Einzelhandel

In Berlin regelt das Ladenöffnungsgesetz Berlin (BerLadÖffG), dass Verkaufsstellen achtmal pro Jahr ausnahmsweise an bestimmten Sonntagen  – welche alljährlich durch entsprechende Allgemeinverfügung der Senatsverwaltung freigegeben werden – in der Zeit zwischen 13:00 – 20:00 Uhr öffnen dürfen, wenn die Öffnung im öffentlichen Interesse liegt. (§ 6 Abs. 1 BerLadÖffG).

Zusätzlich darf das zuständige Bezirksamt nach § 6  Abs. 2 BerLadÖffG aus besonderen regionalen Anlässen – z. B. Straßenfeste oder Firmenjubiläen – bis zu zwei zusätzliche Sonntagsöffnungen erlauben. Insgesamt können Beschäftigte im Berliner Einzelhandel damit bis zu 10 Sonntage im Jahr zur Sonntagsarbeit herangezogen werden.

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(8) Der Kampf um die freien Sonn- und Feiertage im Lichte der Rechtsprechung

Der Schutz der Beschäftigten vor Sonn- und Feiertagsarbeit ist vom Gesetzgeber und den Landesregierungen mit so zahlreichen Ausnahmen versehen worden, das es für den / die einzelne/n Arbeitnehmer*in fast unmöglich ist, noch den Überblick zu bewahren.

Festzuhalten bleibt:

In der Praxis ist eine Tendenz der Landesregierungen und der Aufsichtsbehörden festzustellen, bei der Gewährung von Ausnahmeregelungen im Sinne der Unternehmen und zu Lasten der Beschäftigten sehr großzügig zu agieren. Immer wieder kommt daher der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und der Verwaltungsgerichte die Aufgabe zu, solche Ausnahmeregelungen gerichtlich zu überprüfen und ggf. aufzuheben.

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(9) Kampf um die Sonntagsöffnung im Einzelhandel

Besonders umkämpft ist bis heute die Zulässigkeit von Sonntagsöffnungen nach den Ladenschlussgesetzen (tw. auch Ladenöffnungsgesetze genannt) der Länder im Einzelhandel. Die wichtigsten einschlägigen Gerichtsentscheidungen findet Ihr unter C) Rechtsprechung – Nr. 8 – 13.

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(10) Kampf um die Sonntagsöffnung in Call Centern

Wichtige Einschränkungen entgegen der Praxis der Behörden nach den Landesbehörden haben die Verwaltungsgerichte auch in Bezug auf Call Center getroffen.

Eine von der Landesbehörde auf § 13 Abs.2 ArbZG gestützte Bedarfsgewerbeverordnung, welche Videotheken, Bibliotheken, Call Centern, Getränkeindustrie, Eisfabriken, Buchmachergewerbe und Lotto- und Totogesellschaften vom Sonntagsarbeitsverbot ausnimmt, ist unwirksam. Allein wirtschaftliche Gewinnmöglichkeiten und private Kauflust können niemals den besonderen von der Verfassung bezweckten Schutz der Sonntagsruhe überwiegen – so das BVerwG mit Urteil vom 26.11.2014 – 6 CN 1/13 – das daraufhin die streitgegenständliche Hessische Bedarfsgewerbeverordnung für teilweise unwirksam erklärte,

Diese Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die für Berlin geltende Bedürfnisgewerbeverordnung Berlin (BlnBedGewV) vom 01.04.1997. Da diese insoweit inhaltsgleich mit den für unwirksam erklärten Regelungen der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung ist, sind auch die hier geregelten Ausnahmen unwirksam.

Siehe hierzu unter C) Rechtsprechung – Nr. 12.

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(11) Macht es einen Unterschied, wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt?

Gleich mit wie vielen Ausnahmetatbeständen das jeweils einschlägige Gesetz ausgestaltet und wie teilweise schwierig zu überblicken die einschlägige Rechtsprechung hierzu ist –  für Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsräten gibt es einen erheblichen Vorteil:

Arbeit an diesen Tagen darf der Arbeitgeber den Beschäftigten gegenüber nur anordnen, wenn der Betriebsrat dem zuvor nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG zugestimmt. Betriebsräten ist zu empfehlen, die Interessen der Beschäftigten hierbei durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen abzusichern. In diesen Vereinbarungen kann  insbesondere geregelt werden, ob überhaupt, wenn ja, an wie vielen Sonn- und Feiertagen, zu welchen Tageszeiten und zu welchen Bedingungen (Zeitausgleich, Zuschläge, sonstige Vergünstigungen u. ä.) Arbeitnehmer*innen an diesen Tagen zur Arbeit herangezogen werden dürfen und insbesondere auch, welche Arbeitnehmer*innen von einem Einsatz verschont bleiben sollen.

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