Rechtsprechung zur Befristung

§ 14 Abs. 1 TzBfG

  • Nr. 2  Befristung im Anschluss an eine Ausbildung
    Die Befristung mit diesem Sachgrund ist nur einmal im Anschluss an eine Ausbildung möglich. Auf diesen Zweck können keine weiteren Befristungen gestützt werden. (BAG 10.10.2007 – 7 AZR 795/06)

§ 14 Abs. 1 TzBfG

  • Nr. 3  zur Vertretung eines anderen ArbeitnehmersBislang war die Rechtssprechung des 7. Senats des BAG:  JA Ein Arbeitgeber kann sich auf den Sachgrund berufen, wenn bei ihm ständig Arbeitskräfte ausfallen und der Vertretungsbedarf statt durch jeweils befristet eingestellte ebenso durch unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer abgedeckt werden könnte. Daher steht dem Sachgrund der Vertretung auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträge nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag.

    Der 7. Senat des BAG hat den EuGH (Europäischen Gerichtshof) um eine Vorabentscheidung gesucht, ob er an dieser Rechtssprechung festhalten kann (Berücksichtigung des europäischen Unionsrechts).
    (BAG 17.11.2010 – 7 AZR 443/09)

§ 14 Abs. 1 TzBfG

  • Nr. 7  Vergütung der Arbeitnehmer aus HaushaltsmittelnIn diesem Fall sind Haushaltsmittel speziell für die befristete Beschäftigung bestimmt. Erforderlich ist außerdem, dass die Haushaltsmittel im Haushaltsplan für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind (Vermerke).Viele Vermerke genügen diesen Anforderungen nicht:

BAG, Urteil vom 09.03.2011 – 7 AZR 728/09

Das Ausnutzen der Vorschrift auf Grund der Identität des Arbeitgebers sowie Haushaltsgebers ist nunmehr durch Rechtssprechung des BAG erkannt worden. Aus diesem Grund soll sich z.B. die Bundesagentur für Arbeit auf den Sachgrund § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht berufen dürfen. Das gebietet die verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift.

Die Bundesagentur für Arbeit kann die Befristung von Arbeitsverhältnissen nicht damit rechtfertigen, ein von ihr aufgestellter Haushaltsplan sehe Haushaltsmittel für befristete Arbeitsverträge vor.

Viele wollen mehr arbeiten, dürfen aber nicht! Das Bundesarbeitsgericht hilft ihnen mit einer neuen Entscheidung!

Frage:   Ich habe einen unbefristeten Arbeitsvertrag über 20 Wochenstunden. Der Arbeitgeber hat mit mir vereinbart, dass ich befristet für drei Monate 40 Wochenstunden arbeite. Danach soll ich wieder 20 Wochenstunden arbeiten. Ist eine Befristung der Stundenaufstockung rechtlich zulässig? Kann ich den Arbeitgeber zwingen, mich dauerhaft mit 40 Wochenstunden zu beschäftigen, also ohne Befristung?

Antwort:  In vielen Fällen ist die Befristung der Stundenaufstockung unzulässig. Die Chancen stehen nicht schlecht, die befristete Stundenaufstockung in eine unbefristete Stundenerhöhung umzuwandeln! Das Bundesarbeitsgericht hat am 15.12.2011 beschlossen, dass im Regelfall derartige Befristungen am strengen Maßstab des § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) zu messen sind:

„b) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass die streitgegenständliche Befristung der Arbeitszeiterhöhung nur dann einer Vertragskontrolle standhält, wenn Umstände vorliegen, nach denen ein über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert geschlossener Vertrag entsprechend der Wertung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG zulässig hätte befristet werden können.“
(BAG v. 15.12.2011, 7 AZR 394/10, Rn. 25).

Frage:  In welchen Fällen misst das Bundesarbeitsgericht die Rechtmäßigkeit der Stundenaufstockung an dem strengen Maßstab des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG?

Antwort:  Das lässt das Bundesarbeitsgericht noch offen. In der Entscheidung wendet das Bundesarbeitsgericht die Kontrolle anhand des strengeren Maßstabes nach § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG jedenfalls an, wenn jemand eine halbe Vollzeitstelle hat und für 3 Monate weitere 20 Wochenstunden (insgesamt 40 Wochenstunden) arbeiten soll.

„Sie ist jedenfalls überschritten, wenn ein Teilzeitarbeitsverhältnis von 1/2 der regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten für drei Monate um 4/8 aufgestockt wird.“
(BAG v. 15.12.2011, 7 AZR 394/10, Rn. 24)

Das Bundesarbeitsgericht deutet aber an, dass vielleicht bereits bei einer Stundenaufstockung von 10 Wochenstunden der strengere Maßstab des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG gilt. Denn das Bundesarbeitsgericht
(BAG vom 15.12.2011, 7 AZR 394/10, Rn. 24) bezieht sich auf eine Entscheidung vom 09.12.2008, die auf § 12 TzBfG verweist.

„Auch lässt sich eine befristete Aufstockung der Arbeitszeit – jedenfalls ab einem erheblichen Umfang – der Sache nach kaum noch unterscheiden vom Abschluss eines zusätzlichen befristeten Arbeitsvertrags, der unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz unterfällt. (vgl. zu der – allerdings betriebsverfassungsrechtlichen – Frage, von welchem zeitlichen Umfang an sich eine Erhöhung der Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers als Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt, BAG vom 09.12.2008 – 1 ABR 74/07 – Rn. 19, BAGE 128, 351).“

Tipp:  Wer betroffen ist, sollte sich rasch anwaltlich oder durch seine Gewerkschaft beraten lassen. Denn man kann zwar Recht haben, aber trotzdem vor Gericht kein Recht bekommen. Nur, weil man zu spät kommt! Aufgrund von kurzen Fristen, kann eine gerichtliche Überprüfung unter Umständen ausgeschlossen werden.

Frage eines Betriebsrates: „Muss der Arbeitgeber ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied unbefristet weiterbeschäftigen?“

Antwort:  Das Arbeitsgericht München hatte am 08.10.2010 entschieden (Aktenzeichen: 24 Ca 861/10), dass eine sachgrundlose Befristung (§ 14 Abs. 2 TzBfG) eines BR-Mitgliedes unzulässig ist und damit ein unbefristeter Arbeitsvertrag gerichtlich erzwungen werden kann. Betriebsräte mit (sachgrundlos) befristeten Arbeitsverträgen sind zur Ausübung ihres Betriebsratsamtes nicht ausreichend geschützt. Ein solcher Schutz gibt aber das Europarecht vor (v.a. Art. 7 Richtlinie 2002/14/EG).

Zu Unrecht folgen die Berliner Arbeitsgerichte dieser richtigen Auffassung noch nicht. Diese abweichende Auffassung vertritt z.B. das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 04.11.2011 (Aktenzeichen: 13 Sa 1549/11) und das Arbeitsgericht Berlin (Aktenzeichen: 33 Ca 5877/11).

Die Rechtsprechung in Berlin kann sich noch ändern und dem Vorbild aus München folgen. Auch hat weder das Bundesarbeitsgericht noch der EuGH entschieden. Hier kann sich noch viel bewegen.

Doch auch ohne einem Anspruch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag (Entfristung) besteht ein Basisschutz für befristet beschäftigte Betriebsräte: Niemand darf benachteiligt werden, weil er Betriebsrat ist (§ 78 BetrVG). Das Problem hierbei: wie weise ich als Betriebsrat nach, dass der Arbeitgeber meinen befristeten Vertrag nur deshalb nicht verlängert, weil er einen weniger anstrengenden Betriebsrat möchte? Das ist meist schwierig. Die Gerichte helfen teilweise mit Beweiserleichterungen, die aber keinen ausreichenden Schutz bieten.

Tipp: 
Wer betroffen ist, sollte sich rasch anwaltlich oder durch seine Gewerkschaft beraten lassen. Denn man kann zwar Recht haben, aber trotzdem vor Gericht kein Recht bekommen: einfach nur, weil man zu spät kommt! Aufgrund von kurzen Fristen, kann eine gerichtliche Überprüfung unter Umständen ausgeschlossen sein.

Bei der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages darf lediglich die Dauer geändert werden.

Eine Änderung der Arbeitsbedingungen anlässlich dieser Verlängerung darf nicht erfolgen, wenn es bei einer zulässigen Befristung bleiben soll. Wenn dies dennoch erfolgt, wird damit ein neuer (befristeter) Arbeitsvertrag geschlossen.

Dieser Vertrag erfolgt ohne Sachgrund und ist daher wegen der „Zuvorbeschäftigung“ nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in dieser Form unzulässig. (BAG 23.08.2006 – 7 AZR 12/06)

Durch die unzulässige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ist dieser selbst jedoch nicht unwirksam (Schutz des Arbeitnehmers). Auch hier liegt wegen der „Zuvorbeschäftigung“ eines ohne Sachgrund bestandenen Arbeitsvertrages eine unzulässige Befristung vor. Das Arbeitsverhältnis wird in diesem Fall sogar unbefristet – es liegt ein Neuabschluss vor.

Ausschluss der Kündigung = Änderung des Vertrages?
Was passiert, wenn der zuvor sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag lediglich verlängert werden soll und dabei zum Vorteil des Arbeitnehmers die zuvor im Vertrag geregelte ordentliche Kündigung beidseitig ausgeschlossen wird?

Auch hier handelt es sich – trotz des entstehenden Vorteils für den Arbeitnehmer – um eine Änderung des Vertrages, so dass wegen Wegfalls der Kündigungsregelung ein Neuabschluss eines Vertrages stattgefunden hat. (BAG 20.02.2008 – 7 AZR 786/06)

Wie bereits erwähnt, ist es gesetzlich geregelt, dass eine Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits ein befristetes oder auch unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG)

Hierbei handelt es nicht um ein Arbeitsverhältnis im Sinne von

  • arbeitsplatzbezogen
  • betriebsbezogen

sondern rein auf den Arbeitgeber bezogen!

Gemeint sind hier natürliche, aber auch juristische Personen.

Die Rechtsprechung des BAG sah bis vor kurzem vor, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht möglich ist, wenn zuvor ein Arbeitsverhältnis (egal, ob befristet oder unbefristet bestanden hat). Rein zeitlich war das Bestehen des Arbeitsverhältnisses irrelevant.

Der entsprechende Arbeitnehmer erhielt aus diesem Grund keinen befristeten Arbeitsvertrag (wenn der Arbeitgeber nur einen solchen abschließen wollte).

Diese Art der Rechtsprechung wurde jahrelang kritisiert, da diese oft zu Ungunsten der Arbeitnehmer Arbeitsverhältnisse verhinderte.

Nunmehr hat sich das BAG entschieden, dass eine sachgrundlose Befristung trotz der früheren Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber möglich ist. Diese Entscheidung grenzt dabei ein, dass diese frühere „Zuvorbeschäftigung“ mehr als drei Jahre zurückliegt. (BAG 06.04.2011 7 AZR 716/09)

Eine „Zuvorbeschäftigung“ im Sinne der gesetzlichen Vorschrift liegt daher nicht vor, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt!

Bei der neuen Rechtsprechung handelt es sich um eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes z.B. zum Schutz/Vorteil der Arbeitnehmer, wobei es jedoch auch hier nicht nur der Fall ist.