Betriebsbedingte Kündigung

Es gibt verschiedene Arten von Kündigungen, die ein Arbeitgeber aussprechen kann. Eine davon ist die betriebsbedingte Kündigung. Bei einer Kündigung (egal, bei welcher) handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.

Das heißt, zu ihrer Wirksamkeit muss der/die Arbeitnehmer/in nicht einverstanden sein (einseitig). Andererseits setzt die Wirksamkeit aber auch voraus, dass die Kündigung dem/der Arbeitnehmer/in zugegangen ist (empfangsbedürftig).

Erst ab dem Zugang der Kündigung läuft zum Beispiel die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.

Kündigungsschutzklage

Damit der Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung eine so genannte Kündigungsschutzklage erheben kann, muss er Kündigungsschutz haben.

Nach § 23 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) müssen im Betrieb des Arbeitgebers mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein.

Dabei werden teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 berücksichtigt. Es kann sich also ergeben, dass im Betrieb des Arbeitgebers 8,25 Arbeitnehmer beschäftigt sind, obwohl es nach Köpfen 12 Arbeitnehmer sind.

Der Arbeitnehmer, der Kündigungsschutz beanspruchen will, muss weiterhin länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt sein (§ 1 Abs. 1 KSchG).

Als Klagefrist hat der Arbeitnehmer 3 Wochen ab Zugang der Kündigung (§ 4 KSchG) zu berücksichtigen.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das eingeleitet werden muss, geht es um die Frage, ob die Kündigung rechtsunwirksam ist.

Das ist sie dann, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 KSchG), d.h. wenn:

  • keine Gründe in der Person des Arbeitnehmers vorliegen (personenbedingte Kündigung)
  • keine Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen (verhaltensbedingte Kündigung)
  • keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu gleichen oder anderen Arbeitsbedingungen entgegenstehen (betriebsbedingte Kündigung)
  • der betroffene Arbeitnehmer nicht von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der sozial am wenigsten Schutzwürdige ist (Sozialauswahl)

und

  • auch eine umfassende  – allerdings nur ausnahmsweise durchzuführende –  Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht ausnahmsweise zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses  führt.

Dringende betriebliche Erfordernisse

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 –
2 AZR 456/98
) können sich die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung aus

  • innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder
  • durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben.

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Im Kündigungsschutzprozess muss der Vortrag des Arbeitgebers erkennen lassen, ob das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt (BAG, Urteil vom 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 118).

Inner- und außerbetriebliche Umstände begründen nur dann ein dringendes betriebliches Erfordernis
(§ 1 Abs. 2 KSchG) für eine Kündigung, wenn sie sich auch konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken und das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entfallen ist.

Dies kann auf Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen des Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen.

Zum Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört grundsätzlich auch die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll (BAG, Urteil vom 7. Mai 1998 – 2 AZR 536/97 – BAGE 88, 363;  BAG vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61; Kühling AuR 2003, 92). Eine solche Unternehmerentscheidung unterliegt grundsätzlich nur einer Missbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte.

Gerichtliche Überprüfung

Viele betriebsbedingte Kündigungen scheitern vor den Arbeitsgerichten an der Unternehmerentscheidung.

Die Arbeitsgerichte haben insbesondere zu prüfen:

  • ob und wann vor der Kündigung eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich getroffen wurde
  • ob die behauptete unternehmerische Entscheidung bei ihrer Umsetzung betrieblich tatsächlich dazu führt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfällt.
    Es darf bei Umsetzung der Maßnahme nicht möglich sein, den Arbeitnehmer zu den bisherigen oder auch geänderten Arbeitsbedingungen weiter einzusetzen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (BAG, Urteil vom 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24). Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können aber nur vorliegen, wenn die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt und hierdurch die Beschäftigungsmöglichkeit auch des Gekündigten betroffen ist.

Der Arbeitgeber muss dem Arbeitsgericht die unternehmerische Entscheidung, die organisatorische Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit dieser Maßnahme mit den erforderlichen Daten und Zahlen im Detail nachvollziehbar darstellen. Das gelingt dem Arbeitgeber häufig nicht.

  • Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, reicht nicht aus.
  • Rückläufige Finanzkennzahlen (Umsatz, Gewinn) besagen noch nichts über die Veränderung der zu erledigenden Arbeitsmenge und können eine betriebsbedingte Kündigung daher nicht rechtfertigen.
  • Abbau einer Hierarchieebene, verbunden mit einer Neuverteilung der Aufgaben des betroffenen Arbeitnehmers:
    Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer konkreten Prognose darstellen und angeben, wie die Arbeiten vom verbliebenen Personal im normalen Arbeitsablauf erledigt werden können. Sind nach wie vor im Wesentlichen die gleichen Aufgaben zu verrichten und ist der derzeitige Arbeitsplatzinhaber zur Erledigung dieser Arbeiten persönlich und fachlich geeignet, so ist eine betriebsbedingte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn es sich bei den neu eingerichteten Arbeitsplätzen in der anderen Betriebsabteilung um Beförderungsstellen handelt (BAG 10.11.1994 – 2 AZR 242/94 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77).
  • Betrifft die Unternehmerentscheidung eine erst künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse, so kann eine betriebsbedingte Kündigung erst ausgesprochen werden, wenn die betrieblichen Umstände konkrete und greifbare Formen angenommen haben.